COLD CASE DER WOCHE: Vermisst Shirley Joanne Lonethunder (1991)

Das Verschwinden von Shirley Joanne Lonethunder 

Was ist mit Shirley Joanne Lonethunder passiert?

Ich wollte eigentlich in der letzten Woche zwei "Cold Cases der Woche" veröffentlichen, aber leider hat es zeitlich nicht geklappt. Ich versuche es diese Woche hinzubekommen, aber ich kann es nicht versprechen, weil ich auch noch den neuen Beitrag der Rubrik "John und Jane Doe des Monats" fertigstellen und veröffentlichen muss. 
Diese Woche möchte ich besonders auf einen Vermisstenfall aus dem Jahr 1991 aufmerksam machen. Im heutigen Beitrag geht es um einen kanadischen Missing Cold Case [Vermisstenfall] aus dem Jahr 1991. Der Fall ereignete sich in Saskatoon in der kanadischen Provinz Saskatchewan. Leider sind nur wenige Details bekannt. Den kanadischen Strafverfolgungsbehörden ist es bisher nicht gelungen, den Verbleib von Shirley Joanne Lonethunder aufzuklären. 

Das Verschwinden von Shirley Joanne Lonethunder ist seit 1991 ungeklärt. Was ist Shirley Joanne Lonethunder zugestoßen?
Foto: Polizei 

Der Fall Shirley Joanne Lonethunder

Shirley Joanne Lonethunder wurde am 3. Januar 1966 als Tochter von Doris Lonethunder in der kanadischen Provinz Saskatchewan geboren. [Anm.  Über den leiblichen Vater von Shirley ist nichts bekannt.] Sie ist eine amerikanische Ureinwohnerin und gehört dem indigenen Volk der Cree an. Shirley wuchs im White Bear First Nations Reservat "White Bear 70" in der Nähe von Carlyle und in Saskatoon in der Provinz Saskatchewan auf. Shirley Lonethunder ist das älteste Kind von insgesamt fünf Kindern. Shirley und ihre Familie pendelten immer zwischen Reservat und Stadt hin und her. 
[Anm. Die White Bear First Nations ist ein Verband der vier indigenen Völker und Stämme Cree, Saulteaux (Anishanabe), Nakota und Dakota. Die White Bear First Nations befinden sich in der südöstlichen Ecke des Moose Mountain-Gebiets von Saskatchewan. Die White Bear First Nations liegen 13 Kilometer nördlich von Carlyle am Highway 9 in der Provinz Saskatchewan und sind 12.040 Hektar (120,4 Quadratkilometer) groß. Häuptling Wahpemakwa unterzeichnete 1875 im Namen der Bevölkerung von 24 Familien (82 Personen) den Vertrag Nr. 4. Die traditionell gesprochenen Sprachen sind Cree, Saulteaux und Nakota.] 

Shirley Lonethunder wuchs im White Bear First Nations Reservat und in Saskatoon in der kanadischen Provinz Saskatchewan auf.
Foto: Google Maps

Das White Bear First Nations Reservat "White Bear 70" befindet sich etwa 13 km nördlich von Carlyle entfernt. Auch in der Stadt Carlyle gibt es ein Wohnviertel, in dem überwiegend indigene Personen der White Bear First Nations leben. Nicht alle leben im White Bear First Nations Reservat" White Bear 70".
Foto: Google Maps 

Noch einmal eine andere Karte des White Bear First Nations Reservat "White Bear 70". Das Reservat liegt am White Bear Lake in der kanadischen Provinz Saskatchewan. Viele Touristen besuchen das Reservat, da es dort ein großes Casino und einen Golfplatz gibt. Dort gibt es auch gute Einkaufsmöglichkeiten von einem traditionellen Markt und vergünstigte [steuerfreie] Möglichkeiten, Tabak und Tabakwaren zu kaufen. Natürlich gibt es dort auch Hotels und Restaurants. 
Foto: Google Maps 

Shirley wurde Drogenabhängig 

Shirley war eine sehr willensstarke und teilweise auch sehr sture junge Frau. Irgendwann in den 80er Jahren experimentierte Shirley mit Drogen. Es dauerte nicht lange, bis sie drogenabhängig wurde und sich regelmäßig im Drogenmilieu bewegte. In dieser Zeit wurde sie auch Mutter zweier Kinder. Sie bekam einen Sohn und eine Tochter. Um sich ihre Sucht und den Lebensunterhalt zu finanzieren, fing sie an gelegentlich als Prostituierte zu arbeiten. Ihre Familie wusste von ihren Problemen. 

Shirley wurde in den 80er Jahren drogenabhängig und arbeitete auch später als Prostituierte, um ihren Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder zu finanzieren. Natürlich finanzierte sie auch so ihre Sucht.
Foto: Polizei 

Shirley wollte ihr Leben verändern 

Im Jahr 1991 lebte die 25-jährige Shirley Lonethunder mit ihren beiden Kindern bei ihrer Mutter Doris in Saskatoon in der Provinz Saskatchewan. [Anm. Saskatoon ist eine Stadt in der kanadischen Provinz Saskatchewan. Sie liegt am South Saskatchewan River und erstreckt sich über eine Fläche von 228 km². Die Stadt hat über 245.000 Einwohner und ist damit noch vor der Hauptstadt Regina die bevölkerungsreichste Stadt der Provinz. Saskatoon liegt nicht nur zentral im Herzen der Provinz Saskatchewan, sondern auch in der Mitte des bewohnten Teils Kanadas. Sie liegt am Rand der nördlichen Ausläufer der Great Plains und ist umgeben von der Rural Municipality of Corman Park No. 344. Die Stadt liegt 780 km nordwestlich von Winnipeg (Manitoba), 525 km südöstlich von Edmonton (Alberta). Nach Calgary (Alberta) sind es 625 km. 250 km südlich von Saskatoon befindet sich Regina. All diese Städte sind in maximal einer Flugstunde vom Flughafen Saskatoon erreichbar. Die US-amerikanische Grenze befindet sich in einer Entfernung von ca. 400 km.] Shirley war auf der Suche nach einer Wohnung für sich und ihre Kinder. Ende November 1991 hatte Shelley ihrer Mutter Doris erzählt, dass sie im darauffolgenden Jahr ein Studium an der Universität beginnen würde. Sie bat ihre Mutter, sich um die beiden Kinder zu kümmern. Sie erzählte ihrem Bruder Stacey jedoch eine andere Geschichte. Sie sagte ihm, dass sie Saskatoon verlassen müsse, um Problemen mit der Polizei zu entgehen.

Im Jahr 1991 lebte Shirley Lonethunder mit ihren beiden Kindern bei ihrer Mutter Doris Lonethunder in Saskatoon in der kanadischen Provinz Saskatchewan. 
Foto: Google Maps 

Das Verschwinden 

Shirley Joanne Lonethunder gilt offiziell seit dem 24. Dezember 1991 als vermisst. Ihre Familie hat sie jedoch am 20. Dezember 1991 das letzte Mal lebend gesehen. Sie verließ das Haus ihrer Mutter Doris in Saskatoon, um in der Innenstadt von Saskatoon Weihnachtsgeschenke und Geburtstagsgeschenke zu besorgen. Der Geburtstag ihres Sohnes war ebenfalls an Weihnachten. Von ihrem Einkauf kam sie nicht mehr zurück.

Shirley Joanne Lonethunder gilt offiziell seit dem 24. Dezember 1991 als vermisst.  Ihre Familie hat sie jedoch am 20. Dezember 1991 das letzte Mal lebend gesehen. 
Foto: Polizei 

Bei der Polizei als vermisst gemeldet 

Ihre Familie wurde erst im März 1992 bewusst, dass etwas mit Shirley passiert sein muss, denn der Anwalt von Shirley meldete sich bei der Mutter und erkundigte sich nach Shirley. Es stellte sich heraus, dass Shirley einen Gerichtstermin nicht wahrgenommen hatte. Das passte überhaupt nicht zu Shirley Lonethunder, denn solche wichtigen Termine nahm sie sehr ernst. Erst jetzt ging die Familie zur Polizei und meldete Shirley offiziell als vermisst.

Die Suche und die Ermittlungen 

Zunächst stand der zuständige Ermittler des Falls in regelmäßigen Kontakt mit Doris Lonethunder. Er rief etwa einen Monat lang jede Woche und dann alle zwei Wochen an. Allerdings wandte sich die Polizei nicht an die Medien und machte auch nicht in der Öffentlichkeit auf das Verschwinden von Shirley Joanne Lonethunder aufmerksam. Die Familie Lonethunder hatte das Gefühl, dass die Polizei sich nicht besonders für den Fall interessierte. Nach etwa drei Monaten hörte der zuständige Ermittler auf, bei der Familie anzurufen.

Bruder erkundigte sich bei der Polizei über den Stand der Ermittlungen 

Ungefähr sechs Monate nachdem er eine Vermisstenanzeige eingereicht hatte, kontaktierte Shirleys Bruder Stacey Longthunder die Polizei von Saskatoon, um sich über den Stand des Falls zu erkundigen. Ihm sei gesagt worden, dass es keine Aufzeichnungen der Vermisstenanzeige seiner Schwester gebe. Das bedeutete, dass Shirley Joanne Lonethunder bis Ende 1992 nicht bei der Polizei als vermisst gemeldet wurde. [Anm. Das ist kein unbekanntes Phänomen. Seit den 70er Jahren schenkten die kanadischen und amerikanischen Strafverfolgungsbehörden den Vermissten- und Mordfällen in denen es um indigene Personen ging, kaum Beachtung. Diesen Fällen wurde über vier Jahrzehnten auch nicht nachgegangen. Erst ab 2015 wurden von der kanadischen Regierung Ressourcen für eine landesweite Untersuchung vermisster und ermordeter indigener Frauen zur Verfügung gestellt. Diese Fälle sollten bevorzugt behandelt werden.] Die Polizei von Saskatoon lehnte es ab, Fragen von Amnesty International zu ungelösten Fällen von indigenen Personen, wie Shirley Lonethunder, zu beantworten.
[Anm. Die Vermisstenrichtlinie des Saskatoon Police Service besagt, dass Ermittler die Verantwortung haben, mit Beschwerdeführern in Kontakt zu treten und bei Bedarf Medienunterstützung anfordern sollten, um bei der Suche nach einer vermissten Person zu helfen.]

Hilfe eines indigenen Heilers

Im Jahr 1992 sprach Doris Lonethunder mit einem indigenen Heiler bzw. Medizinmann aus den Vereinigten Staaten. Der indigene Heiler erzählte Doris Lonethunder, dass er eine Vision von Shirleys Leiche an einem Ort südlich von Saskatoon gehabt hatte, nicht weit außerhalb der Stadtgrenzen und daher im Zuständigkeitsbereich der RCMP [Royal Canadian Mounted Police]. Doris Lonethunder zögerte zunächst, diese Information der Polizei zu melden, weil sie dachte, dass die Polizei, die nicht an die indigenen Sitten glaubte, sie nicht ernst nehmen würde. Am Ende sprach sie mit einem indigenen Beamten der örtlichen RCMP-Abteilung, der sehr mitfühlend reagierte und sagte, er werde diese Informationen prüfen. Etwa eine Woche später wurde der indigene Beamte versetzt. Und niemand ist dem Hinweis des Heilers nachgegangen.

Während international anerkannte Polizeistandards die Polizei nicht dazu verpflichten würden, aufgrund von Informationen dieser Art zu handeln, trugen die Sensibilität und das Verständnis, die Doris Lonethunder im Umgang mit dem indigenen Beamten empfand, dazu bei, ihr Vertrauen und ihre Zuversicht in die Arbeit der Polizei aufzubauen. Als der indigene Beamte versetzt wurde, verschwanden auch das Vertrauen und die Zuversicht von Doris Lonethunder.

Mehrere Leichen von indigenen Frauen entdeckt 

Im Oktober 1994 wurden die Überreste einer Frau von einem Jäger in der Gegend entdeckt, in der Doris Lonethunder das RCMP mit der Suche nach der Leiche ihrer Tochter beauftragt hatte. Bis Ende Oktober 1994 hatte die Royal Canadian Mounted Police [RCMP] an derselben Stelle zwei weitere Frauenleichen ausgegraben. Die drei Frauen waren Eva Taysup, Shelley Napope und Calinda Waterhen. Bei allen drei handelte es sich um indigene Frauen, die 1992 und 1993 als vermisst gemeldet worden waren.

Viele Versäumnisse seitens der Polizei von Saskatoon 

Man kann sagen, dass die Polizei es versäumt hat, alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um Antworten zu erhalten. Es wurde damals nicht in den Medien auf das Verschwinden von Shirley aufmerksam gemacht. Außerdem wurde auch nicht aktiv nach Shirley gesucht. Auch wurde die Vermisstenanzeige der Familie bei der Polizei bis Ende 1992 nicht dokumentiert. Obwohl sich bei der Familie Lonethunder immer der zuständige Ermittler angerufen hat, gab es keine offiziellen Aufzeichnungen über das Verschwinden von Shirley Joanne Lonethunder. Erst Ende 1992 wurde Shirley Joanne Lonethunder erneut bei der Polizei als vermisst gemeldet. Erst ab diesem Zeitpunkt gibt es Aufzeichnungen über die Maßnahmen, die seitens der Polizei ergriffen wurden.

Die Theorien 

Das Verschwinden von Shirley Joanne Lonethunder ist weiterhin ungeklärt. Trotzdem gibt es einige Theorien darüber, was mit ihr passiert sein könnte.

1. Theorie "John Martin Crawford"

Hat John Martin Crawford etwas mit dem Verschwinden von Shirley Joanne Lonethunder zu tun?

Diese Möglichkeit muss definitiv in Betracht gezogen werden. John Martin Crawford [ geb. 29. März 1962 und gest. 16. Dezember 2020) war ein kanadischer Serienmörder. John Martin Crawford wurde für die Tötung von vier Frauen in Saskatchewan und Alberta zwischen 1981 und 1992 verurteilt. Ich möchte kurz näher auf die Fälle eingehen. 

Der kanadische Serienmörder John Martin Crawford. 
Foto: Polizei 

Shelley Napope

Im Sommer 1992 stieg die 16-jährige Shelley Napope zu einem Mann, den sie scheinbar kennt, hinter einem Hotel ins Auto. Danach wurde sie nie mehr gesehen. Die Eltern erstatteten eine Vermisstenanzeige, als sie nichts mehr von ihr hörten. 

Shelley Napope war erst 16 Jahre alt, als sie von John Martin Crawford ermordet wurde. 
Foto: Google 

Eva Taysup

Kurz darauf, im August 1992 verließ die 30-jährige Eva Taysup mit einem Mann eine Bar. Auch sie wird Tage später von ihren Eltern als vermisst gemeldet. 

Eva Taysup war auch ein Opfer von John Martin Crawford. 
Foto: Google
 

Calida Waterhen

Im September 1992 verschwand die 22-jährige Calida Waterhen spurlos, als sie vor einer Bar auf Freunde wartete. Nach sechs Monaten wurde auch sie offiziell bei der Polizei als vermisst gemeldet. 

Drei indigene Frauen mit ähnlichem Hintergrund waren spurlos aus Saskatoon verschwunden. Doch aufgrund ihres unsteten Lebensstils haben die Ermittler keine Anhaltspunkte und die Ermittlungen geraten ins Stocken.

Calida Waterhen wurde ebenfalls von John Martin Crawford getötet. 
Foto: Google 

Informant meldete sich bei der Polizei 

Im Jahr 1993 meldete sich dann ein Informant bei der Polizei. Der Kleinkriminelle gab an, dass die Leiche eines Mädchens in einem Waldgebiet liegt und gibt eine Beschreibung des Fundorts ab. Ein Mann namens John Potter hätte abgeblich mit dem Mord geprahlt. Bei der Untersuchung des angeblichen Tatortes fanden die Ermittler nichts, auch gibt es keinen Mann mit Namen John Potter und die Fälle blieben zunächst weiterhin ungelöst. 

Die Entdeckung 

Erst als im Oktober 1994 ein Jäger in einem Waldgebiet Leichenteile entdeckt, kam wieder Bewegung in die Ermittlungen. Die Skelettreste der 30-jährigen Eva Taysup, der 22-jährigen Calinda Waterhen und der 16-jährigen Shelley Napope wurden in einer Baumgruppe in der Nähe eines Golfplatzes entdeckt. Eva Taysup war seit drei Jahren vermisst, als ihre Leiche entdeckt wurde.
Eine der Leichen war in zwei Decken gehüllt und mit einem Elektrokabel verschnürt. Die Opfer waren alle samt weiblicher und indigener Herkunft.

Ich habe den Leichenfundort so gut es geht recherchiert, rekonstruiert und anschließend markiert. Es ist ungefähr die richtige Stelle des Leichenfundortes.
Foto: Google Maps 

Nochmals die Karte mit einem anderen Maßstab. mit dem Leichenfundort. Hier kann man noch besser den Leichenfundort am Golfplatz in der Provinz Saskatchewan erkennen. Die Leichen befanden sich in unmittelbarer Nähe zueinander.
Foto: Google Maps 

Die Identifizierung 

Nach der Veröffentlichung von Gesichtsrekonstruktionen in der Zeitung meldeten sich die ersten Zeugen und die Opfer konnten als Shelley Napope, Eva Taysup und Calida Waterhen identifiziert werden. Daraufhin wurde der Informant ein weiteres Mal befragt und er gab dann zu, den Mann namens Potter erfunden zu haben. Er selbst war am Tatort als ein gewisser John Martin Crawford dort ein Mädchen umgebracht hat. John Martin Crawford ist der Polizei bekannt, er wurde bereits zu einer Haftstrafe wegen des Mordes an Mary-Jane Serloin verurteilt. Ein Gebissabdruck auf Serloins Brust hatte ihn damals überführt. Er wurde wegen Totschlags zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Er wurde 1989 freigelassen und verübte während dieser Zeit einen sexuellen Übergriff auf eine Frau namens Theresa Kematch, wurde jedoch nicht verhaftet.

Informant erzählte von Mord 

Der Informant, der John Martin Crawford im Gefängnis kennengelernt hat, schilderte, wie die beiden eines Abends ein Mädchen mitnahmen und John Martin Crawford im Wald über sie herfiel, sie vergewaltigte und dann erschlug. Der Informant selbst half nur beim Verstecken der Leiche laut seiner Aussage. Da diese Angaben jedoch nicht für eine Verhaftung von John Martin Crawford ausreichten, wollten die Ermittler mit Hilfe des Informanten dem Verdächtigen ein Geständnis entlocken.

Die Verhaftung 

Die beiden trafen sich in einem zuvor von der Polizei präparierten Hotelzimmer, doch es fiel kein Wort über die Morde. So wurde mit Hilfe eines TV-Senders ein Beitrag über die Morde ausgestrahlt, den die beiden anschauten. Und John Martin Crawford fing sofort an, über die Morde zu reden. John Martin Crawford erwähnte auch die beiden Decken und das Elektrokabel, welche nie in den Medien erwähnt wurden. Das wurde ihm zum Verhängnis und er wurde verhaftet. Sein Motiv war lediglich die Verschleierung der Vergewaltigungen und Körperverletzungen.

Weitere Grabungen am Fundort geplant?

Am 12. April 1995 zitierte eine lokale Zeitung einen RCMP-Beamten mit der Aussage, dass die Polizei erwäge, Grabungen auf dem gesamten Areal durchzuführen, in dem die drei Leichen gefunden worden seien. Der Beamte deutete an, dass möglicherweise noch weitere Leichen dort liegen könnten. Als Reaktion darauf gab das RCMP eine Pressemitteilung heraus, in der es jegliche Pläne für Ausgrabungen bestritt und erklärte, es gebe keine Hinweise darauf, dass sich möglicherweise noch weitere Leichen auf dem Gelände befinden. 

Die Verurteilung 

Im Prozess im Mai 1996 hat die Verteidigung versucht, noch den Informanten als wahren Täter anzuprangern, jedoch die Aufnahmen aus dem Hotel machen diese Strategie zu nichte. John Martin Crawford erhält 3x lebenslänglich. Am 16. Dezember 2020 starb er im Alter von 58 Jahren im Gefängnis.

Es ist unklar, ob John Martin Crawford jemals wegen dem Verschwinden von Shirley Joanne Lonethunder befragt wurde. Es ist aber auch noch zu erwähnen, dass 1994 eine weitere Leiche einer indigenen Frau entdeckt wurde. Die Leiche der 37-jährigen Janet Sylvestre wurde außerhalb von Saskatoon gefunden. Sie war ebenfalls vergewaltigt und getötet worden. Niemand wurde jemals wegen ihres Mordes verurteilt.

2. Theorie "Freiwilliges Verschwinden"

Hat Shirley Joanne Lonethunder freiwillig ihr gewohntes Lebensumfeld verlassen?

Bei Vermisstenfällen sind die Angehörigen immer mit dieser Möglichkeit konfrontiert. Die Familie von Shirley Joanne Lonethunder schließt aus, dass sie freiwillig ihr gewohntes Lebensumfeld verlassen hat und den Kontakt zu ihrer Familie abgebrochen hat. Die Polizei hielt diese Theorie lange für möglich, doch mittlerweile schließen auch die Ermittler ein freiwilliges Verschwinden von Shirley Joanne Lonethunder aus.

3. Theorie "Verbrechen/unbekannter Täter"

Ist Shirley Joanne Lonethunder Opfer eines Verbrechens geworden?

Diese Theorie besagt, dass Shirley Joanne Lonethunder von einem unbekannten Täter entführt und getötet worden ist. Shirley könnte vielleicht bei ihrer Arbeit als Prostituierte auf den Täter getroffen sein. 

4. Theorie "Verbrechen/bekannten Täter"

Ist Shirley Joanne Lonethunder Opfer eines Verbrechens geworden?

Diese Theorie geht davon aus, dass Shirley Joanne Lonethunder von einer bekannten Person aus ihrem Umfeld entführt und getötet wurde. Hier gab es eine Vorbeziehung zwischen Täter und Opfer.

Fazit:

In Kanada werden indigene Frauen und Mädchen [Angehörige der Métis, Inuit und First Nations] überdurchschnittlich häufig Opfer von Gewalttaten, darunter auch Tötungen. Weitverbreiteter Rassismus, Verarmung und Ausgrenzung sind mitverantwortlich dafür, dass indigene Frauen besonders von Gewalt bedroht sind. Zudem gewähren ihnen weder die Polizei noch die Regierungsbehörden einen angemessenen Schutz. Unzureichende Wohnverhältnisse, Diskriminierung beim Zugang zu Sozialleistungen und mangelnde Unterstützung durch die Behörden führen dazu, dass indigene Frauen unter Bedingungen leben, die ein erhöhtes Gewaltpotenzial bergen. Dazu zählen überfüllte Häuser, illegaler Drogenhandel und Sexarbeit. Die Regierung hat vor kurzem eine landesweite Untersuchung in Auftrag gegeben, die die Ursachen für das Ausmaß an Gewalt gegen indigene Frauen und Mädchen klären soll. Diese  Fälle haben viele Jahrzehnte lang keine große Beachtung seitens der Behörden bekommen. Ich bin wirklich froh, dass sich dies nun langsam ändert. Ich habe im Rahmen meiner Möglichkeiten immer wieder auf Vermisstenfälle von indigenen Personen und Morden an indigenen Personen aufmerksam gemacht und werde es auch weiterhin tun. Auch diesen Fällen muss Beachtung geschenkt werden.

Ich bin davon überzeugt, dass Shirley Joanne Lonethunder etwas zugestoßen sein muss. Ich glaube, dass sie einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Das ist für mich die plausibelste Erklärung. Wer für ihr Verschwinden verantwortlich gewesen sein könnte, ist eine ganz andere Frage. Die einfachste Erklärung wäre John Martin Crawford. Seine sexuelle Präferenz sind wohl indigene Frauen. Sein Wirkungsort war Saskatoon und Umgebung. Und auch die Zeit, in der er aktiv war, würde passen. Es ist unklar, ob die Polizei ihn jemals wegen des Verschwindens von Shirley Joanne Lonethunder befragt hat und sein Alibi für diesen Tag überprüft hat. Zumindest gibt es keine Aufzeichnungen darüber. Ich halte es für durchaus möglich, dass er mit dem Verschwinden von Shirley Joanne Lonethunder etwas zu tun hat. Aber nur weil er zu diesem besagten Zeitraum aktiv war, bedeutet es nicht zwangsläufig, dass er für alle Vermissten- und Mordfälle von indigenen Frauen in Saskatoon und Umgebung verantwortlich ist. 

Ich halte es auch für möglich, dass noch ein anderer Täter zu diesem Zeitpunkt aktiv gewesen ist. Es ist ja nicht einmal geklärt, ob und wie Shirley Lonethunder gestorben ist. Sie ist einfach verschwunden. Ich persönlich glaube zwar, dass sie nicht mehr lebt, aber Beweise dafür habe ich nicht.
Es könnte auch sein, dass jemand aus ihrem damaligen Bekannten- und Freundeskreis etwas mit dem Verschwinden zu tun hat. Shirley führte damals einen nicht ungefährlichen Lebensstil und bewegte sich im kriminellen Milieu bzw. im Drogenmilieu. Ich glaube jedoch nicht, dass sie freiwillig verschwunden ist, um irgendwo ein neues Leben zu beginnen. Ich glaube einfach nicht, dass sie den Kontakt zu ihrer Familie und vor allem zu ihren beiden Kindern abgebrochen hat und sich dann über drei Jahrzehnte nicht meldet. Wie bereits erwähnt, arbeitete Shirley gelegentlich als Prostituierte. Ich halte es für möglich, dass sie am Nachmittag des 20. Dezember 1991 vielleicht noch ein paar Kunden bedienen wollte, um mehr Geld für die Weihnachtsgeschenke und Geburtstagsgeschenke zur Verfügung zu haben. Es könnte sein, dass an diesem Tag etwas schief gelaufen ist und ein Kunde sie entführt und getötet hat. Natürlich sind das nur Spekulationen. Mich würde interessieren, ob jemand Shirley am Nachmittag des 20. Dezember 1991 in der Innenstadt von Saskatoon gesehen hat oder ob jemand sie bei ihrer Arbeit als Prostituierte gesehen hat. Allgemein gibt es kaum Hinweise aus der Bevölkerung. Auch die Arbeit der Polizei zum Zeitpunkt ihres Verschwindens ist wohl mehr als mangelhaft. Es wurde damals eigentlich nichts gemacht. Das ist bei so einem Vermisstenfall natürlich fatal.

Ich weiß nicht, was genau mit Shirley passiert ist und wer für ihr Verschwinden verantwortlich sein könnte. Ich hoffe, dass wir irgendwann die Wahrheit erfahren werden, was mit ihr passiert ist.

Beschreibung von Shirley Joanne Lonethunder 
  • Shirley Joanne Lonethunder wurde am 3. Januar 1966 in der kanadischen Provinz Saskatchewan geboren.
  • Sie ist von indigener Abstammung und gehört dem indigenen Volk der Cree an.
  • Shirley Lonethunder gilt offiziell seit dem 24. Dezember 1991 als vermisst. Ihre Familie hat sie jedoch am 20. Dezember 1991 das letzte Mal lebend gesehen. Sie wollte in der Innenstadt von Saskatoon Weihnachtsgeschenke und Geburtstagsgeschenke kaufen.
  • Zum Zeitpunkt ihres Verschwindens war sie 25 Jahre alt. 
  • Sie war Mutter zweier Kinder [Sohn und Tochter].
  • Shirley Lonethunder ist 1,65 mit groß und wog damals 59 Kilogramm. 
  • Sie hat schwarze Haare und braune Augen.
  • Shirley hat ein Tattoo am linken Knöchel eines Herzens. Außerdem hat sie eine Narbe auf der linken Wange, etwa 4 cm lang.
  • Zuletzt war sie mit einer schwarzen Jacke, einer blauen Jeans und weißen Laufschuhen bekleidet gewesen. 
Was ist mit Shirley Joanne Lonethunder passiert?
Foto: Polizei 

Die Nachwirkungen 

Doris Lonethunder war die ganzen Jahre immer der Ansprechpartner der Polizei Saskatoon gewesen. Doris ist mittlerweile an den Folgen ihrer Krebserkrankung [Leukämie] verstorben. Nun ist der Bruder von Shirley, Stacey Longthunder, der Ansprechpartner der Polizei. Die Familie Lonethunder hofft weiterhin auf Antworten, was mit Shirley passiert ist. Laut Stacey haben die für die Ermittlungen Verantwortlichen ihn seit etwa 1997-98 nicht mehr kontaktiert. Besonders ihre zwei Kinder leiden sehr unter dem Verlust ihrer geliebten Mutter.

Aktuelle Einstufung des Falls 

Shirley Joanne Lonethunder wurde als vermisste und gefährdete Person eingestuft. Obwohl die Polizei den Vermisstenfall von Shirley Joanne Lonethunder als historischen Fall und Cold Case bezeichnet, ist der Fall weiterhin aktiv. Die Polizei ist weiterhin auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen, um neue Ermittlungen anzustoßen. Jeder Hinweis könnte wichtig sein.

Fragen der Ermittler:
  1. Wer hat Shirley Joanne Lonethunder am Nachmittag des 20. Dezember 1991 allein oder in Begleitung in der Innenstadt von Saskatoon in der Provinz Saskatchewan gesehen?
  2. Wer hat am 20. Dezember 1991 Kontakt mit Shirley Joanne Lonethunder gehabt?
  3. Wer kannte Shirley Joanne Lonethunder und kann mehr über ihre Kontakte erfahren und ihre Gewohnheiten sagen?
  4. Wer hat Shirley Joanne Lonethunder nach dem 20. Dezember 1991 noch einmal gesehen oder gesprochen?
  5. Wer kennt die genauen Umstände und Hintergründe ihres Verschwindens?
  6. Wer weiß, wer für das Verschwinden von Shirley Joanne Lonethunder verantwortlich gewesen sein könnte?
  7. Wer hat andere Beobachtungen gemacht, die mit dem Verschwinden von Shirley Joanne Lonethunder in Zusammenhang stehen könnten?
  8. Wer kennt den derzeitigen Aufenthaltsort von Shirley Joanne Lonethunder?
  9. Wer hat sonstige Informationen zu diesem Fall?

Wenn Sie Informationen zum Verschwinden von Shirley Joanne Lonethunder haben, wenden Sie sich bitte an den Polizeidienst von Saskatoon unter der Rufnummer [306] 975-8300. Sie können sich auch online bei dem Polizeidienst von Saskatoon melden. 

Wenn Sie anonym bleiben möchten, wenden Sie sich bitte an Saskatchewan Crime Stoppers unter der Rufnummer [306] 931-TIPS (8477) oder 1-800-222-8477.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

ÖSTERREICH/INNSBRUCK: Tötungsdelikt z. N. von Daniela Kammerer (2005)

COLD CASE DER WOCHE: Tötungsdelikt z. N. von Christiane Heiser (1992)

COLD CASE DER WOCHE: Tötungsdelikt z. N. von Oakey Albert Kite Jr. (2004)

JOHN UND JANE DOE DES MONATS: Tötungsdelikt z. N. von Itu Jane Doe (1972)

NIEDERLANDE: Tötungsdelikt z. N. von Sumbat Dawood Boghos (2014)