VERMISSTE UND ERMORDETE INDIGENE FRAUEN: Vermisst Tammy Lynn Lamondin-Gagnon (1999)

Das Verschwinden von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon

Was ist mit Tammy Lynn Lamondin-Gagnon passiert?

Heute möchte ich Euch einen neuen Beitrag des Formats "Vermisste und ermordete indigene Frauen" vorstellen. Das Format ist zwar neu, aber ich habe bereits in der Vergangenheit hier schon einige Fälle veröffentlicht, die in dieses Format passen und gehören. Ich möchte mit diesem Format, besonders auf das Schicksal dieser Frauen und ihrer Familien aufmerksam machen, die jahrzehntelang kaum Beachtung von den Strafverfolgungsbehörden, Politik und Gesellschaft geschenkt bekommen haben. Es gibt in Kanada und auch in den Vereinigten Staaten eine erhebliche Zahl von verschwundenen oder ermordeten Frauen und Mädchen aus der indigenen Bevölkerung. Das Thema Verschwundene indigene Frauen in Kanada erhielt mit dem Amtsantritt der Regierung Justin Trudeau im November 2015 unter den innenpolitischen Aufgaben des Landes einen Vorrang. Bereits die Vorgängerregierung hatte eine Untersuchung durch die nationale Polizei RCMP in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse 2014 veröffentlicht wurden. Demnach waren 1017 indigene Frauen zwischen 1980 und 2012 ermordet worden, weitere 164 sind spurlos verschwunden. Die Zahlen für 2013/2014 liegen bei 32 Toten und 11 vermissten Frauen. Fachleute bezeichnen diese Zahlen als die Spitze eines Eisbergs. Auch die heutigen Politiker gehen davon aus, dass die Zahlen zu gering angegeben sind. Schwierige soziale Bedingungen machen sie zu einer besonders gefährdeten Gruppe. Etwa 1,4 Millionen Angehörige der First Nations leben in Kanada, viele unter prekären Bedingungen. Ich möchte in einem besonderen Rahmen auf diese Fälle aufmerksam machen, deshalb gibt es nun seit kurzem dieses Format. Es ist ein wöchentliches oder monatliches Format, sondern ich werde mich in unregelmäßigen Abständen immer wieder mit diesen Fällen beschäftigen. Ich möchte auch immer Hintergrundwissen vermitteln, da sich nicht alle mit den verschiedenen Themen auskennen und beschäftigten. Nun aber zurück zum Fall. Es geht um einen kanadischen Vermisstenfall aus dem Jahr 1999. Der Fall ereignete sich in Newmarket in der Regionalgemeinde York, in der kanadischen Provinz Ontario. Die kanadischen Strafverfolgungsbehörden ist es bisher nicht gelungen, den Fall aufzuklären. 

Das Verschwinden von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon ist seit 1999 ungeklärt.
Was ist mit Tammy Lynn Lamondin-Gagnon passiert?
Foto: Polizei 

Der Fall Tammy Lynn Lamondin-Gagnon 

Tammy Lynn Lamondin-Gagnon wurde am 4. Februar 1979 als Tochter von Jacqueline Gagnon in Kanada geboren. Über ihren Vater ist nichts bekannt. Tammy hat noch einen älteren Bruder n
Darren Gagnon. Tammy, ihre Mutter und ihr Bruder waren Mitglieder der Beausoleil First Nation von Christian Island. Tammy Lynn Lamondin-Gagnon und ihre Familie gehören zu den Ojibwe First Nations. [Anm. Die Ojibwe sind ein Anishinaabe-Volk, dessen Heimat große Teile der Region der Großen Seen und der nördlichen Ebenen umfasst, sich bis in die Subarktis und die nordöstlichen Waldgebiete erstreckt. Die Ojibweg sind indigene Völker der nordöstlichen Waldgebiete und der Subarktis. Die Anishinaabe sind eine Gruppe kulturell verwandter indigener Völker, die in der Region der Großen Seen in Kanada und den Vereinigten Staaten leben. Zu ihnen gehören die Völker der Ojibwe (einschließlich Saulteaux und Oji-Cree), Odawa, Potawatomi, Mississaugas, Nipissing und Algonquin. Die Anishinaabe sprechen Anishinaabemowin oder Anishinaabe-Sprachen, die zur Algonkin-Sprachfamilie gehören. Laut der US-Volkszählung sind die Ojibwe eine der größten Stammesbevölkerungen unter den indianischen Völkern in den Vereinigten Staaten. In Kanada stellen sie die zweitgrößte Bevölkerung der First Nations dar, nur übertroffen von den Cree . Sie sind eine der zahlenmäßig größten indigenen Völker nördlich des Rio Grande.] Zunächst lebte Tammy Lynn Lamondin-Gagnon in Parry Sound in der kanadischen Provinz Ontario. [Anm. Parry Sound (offiziell Town of Parry Sound) ist eine Gemeinde im Süden der kanadischen Provinz Ontario mit 6.408 Einwohnern.]

Tammy Lynn Lamondin-Gagnon wuchs zunächst in Parry Sound in der kanadischen Provinz Ontario auf.
Foto: Google Maps 

Umzug nach Aurora und später nach Newmarket 

Als Kleinkind zog Tammy Lynn Lamondin-Gagnon mit ihrer Familie von Parry Sound nach Aurora in der Region York, in der kanadischen Provinz Ontario. [Anm. Aurora ist eine Stadt in der Regionalgemeinde York, in der kanadischen Provinz Ontario. Sie liegt im Großraum Toronto, in der Region Golden Horseshoe im Süden Ontarios, Kanada. Sie liegt nördlich der Stadt Richmond Hill und teilweise auf der Oak Ridges Moraine. Aurora ist die Partnerstadt von Leksand in Schweden. Aurora hat 62.057 Einwohner.] Tammy lebte in Aurora insgesamt 16 Jahre, bevor sie im Jahr 1998 nach Newmarket [Regionalgemeinde York], Ontario zog. [Anm. Newmarket liegt im Großraum Toronto in der Region Golden Horseshoe im Süden Ontarios und hat 87.942 Einwohner.]

Tammy Lynn Lamondin-Gagnon zog 1982 im Alter von drei Jahren mit ihrer Familie nach Aurora in der Regionalgemeinde York, in der kanadischen Provinz Ontario. Im Jahr 1998 zog Tammy Lynn Lamondin-Gagnon alleine in eine eigene Wohnung in Newmarket in der Regionalgemeinde York, in der kanadischen Provinz Ontario. 
Foto: Google Maps 

Freundliche und fleißige junge Frau 

Tammy Lynn Lamondin-Gagnon wurde als sehr freundliche und fleißige junge Frau beschrieben. Tammy interessierte sich für Yoga, Poesie und Numerologie. Im Mai 1999 nahm sie Fahrstunden und arbeitete in zwei Jobs. Sie hatte sich aber noch vorgenommen ein Studium in der Meeresbiologie zu absolvieren, da sie Meeresbiologin werden wollte. Tammy war sehr zuverlässig und hatte eine sehr enge Beziehung zu ihrer Familie. 

Tammy Lynn Lamondin-Gagnon war eine sehr beliebte und fleißige junge Frau, die ihre Ziele mit einer gesunden Portion Ehrgeiz verfolgte. 
Foto: Polizei 

Ein Abend mit Freunden 

Die 20-jährige Tammy Lynn Lamondin-Gagnon verließ am Abend des 28. Mai 1999 [Freitag] ihr Zuhause in Newmarket [Ontario], um sich mit ihren Freunden zu treffen. Sie verbrachte einige Zeit in einer Bar in der Main Street in Newmarket, bevor sie mit drei Bekannten, darunter dem 27-jährigen Pol Classen, in einen örtlichen Nachtclub weiterzog. Anschließend besuchten Tammy Lynn Lamondin-Gagnon und Pol Classen dann eine Party in einem Haus in der Millard Street in Whitechurch- Stouffville [Ontario]. Das Haus in der Millard Street in Whitchurch-Stouffville [Ontario] gehörte der Schwester von Pol Classen. 

Tammy Lynn Lamondin-Gagnon verbrachte den Abend zunächst mit ihren Freunden in einer Bar in der Main Street in Newmarket, bevor die Gruppe in einen Club in der Main Street in Newmarket ging.
Foto: Google Maps 


Anschließend fuhren Tammy Lynn Lamondin-Gagnon und Pol Classen dann nach Whitechurch-Stouffville. Dort fand eine 
Party in einem Haus in der Millard Street in Whitchurch-Stouffville [Ontario]. Das Haus in der Millard Street in Whitchurch-Stouffville [Ontario] gehörte der Schwester von Pol Classen. 
Foto: Google Maps 

Die Millard Street in Whitchurch-Stouffville in der Regionalgemeinde York, in der kanadischen Provinz Ontario. 
Foto: Google Maps 

Das Verschwinden 

Nach der Party fuhr Pol Classen sie zum Fairy Lake Park in Newmarket, einem beliebten Treffpunkt für die örtliche Jugend. Laut Pol Classen zufolge setzte er Tammy Lynn Lamondin-Gagnon in den frühen Morgenstunden des 29. Mai 1999, gegen 2.00 Uhr morgens am Fairy Lake ab. Dies war das letzte Mal, dass Tammy Lynn Lamondin-Gagnon lebend gesehen wurde. [Anm. Der Fairy Lake und der Fairy Lake Park in der 520 Water Street in Newmarket [Ontario] ist eine 13,4 Hektar große Parklandschaft mit Wasserwegen und Sumpfgebieten, die auch als Wesley Brooks Conservation Area bekannt sind und den Damm an der Water Street Bridge umfassen, der zum Hochwasserschutz genutzt wird. Der Fairy Lake Park dient den Einwohnern und den Besuchern als urbane Oase im Herzen der historischen Innenstadt von Newmarket. Der Fairy Lake selbst wurde von den ersten Siedlern von Newmarket angelegt, die Anfang des 19. Jahrhunderts am Fuße der Main Street eine Mühle errichteten.]

Pol Classen hat angeblich Tammy Lynn Lamondin-Gagnon in den frühen Morgenstunden des 29. Mai 1999 gegen 2.00 Uhr am Fairy Lake abgesetzt. Der Fairy Lake und der Fairy Lake Park sind sehr beliebte Treffpunkte der jungen Leute aus Newmarket. Der Fairy Lake und der Fairy Lake Park befinden sich unterhalb der Main Street in Newmarket. Der Fairy Lake Park ist auch unter dem Namen Wesley Brooks Conservation Area bekannt. Bis heute ist unklar, ob Tammy Lynn Lamondin-Gagnon dort tatsächlich abgesetzt wurde. Schließlich konnte kein Zeuge gefunden werden, der sie zur fraglichen Zeit dort gesehen hat. 
Foto: Google Maps 


Bei der Polizei als vermisst gemeldet 

Jacqueline Gagnon meldete ihre Tochter Tammy bei der York Regional Police [YRP] in Newmarket als vermisst, nachdem sie Tammy nicht erreichen konnte und sie auch nicht in ihrer Wohnung in Newmarket [Ontario]anzutreffen war. Die York Regional Police in Newmarket nahm das Verschwinden von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon von Beginn an sehr ernst und leitete umgehend erste polizeiliche Suchmaßnahmen ein. [Anm. Die York Regional Police (YRP) ist der Polizeidienst der Regionalgemeinde York, in der kanadischen Provinz Ontario. Die YRP wurde im Jahr 1971 aus den Polizeikräften der neun Gemeinden gebildet, die sich damals zur York Region zusammenschlossen.]

Jacqueline Gagnon meldete ihre Tochter Tammy bei der York Regional Police offiziell als vermisst, nachdem Tammy für niemanden mehr erreichbar  war. 
Foto: Polizei 

Die Suche

Die York Regional Police leitete eine umfangreiche Suche nach Tammy Lynn Lamondin-Gagnon ein. Suchtrupps durchsuchten den gesamten Fairy Lake Park und Umgebung nach Tammy Lynn Lamondin-Gagnon. Auch Hubschrauber und Polizeitaucher unterstützten die Suchmaßnahmen. Die Polizeitaucher durchsuchten den Fairy Lake, aber sie fanden jedoch weder Überreste noch Beweise im Zusammenhang mit dem Fall.

Mutter beteiligte sich an Suchmaßnahmen 

Anfang Juli 1999 beteiligte sich Jacqueline Gagnon persönlich an der Suche nach ihrer Tochter. Sie engagierte auch den Privatermittler Brian King, der bei der Suche nach Tammy helfen sollte. Jaqueline Gagnon richtete auch einen Treuhandfonds ein, um die Kosten für den Privatermittler zu decken. Freunde und andere Angehörige der Familie Lamondin-Gagnon beteiligten sich ebenfalls an der Suche, die sich auf die vielen Landstraßen der Region konzentrierte. Anwohner – darunter auch Landwirte – in und um Newmarket und Uxbridge wurden gebeten, ihre Grundstücke gründlich nach möglichen Hinweisen und Beweisen zu durchsuchen. 

Die Ermittlungen 

Im Juli 1999 fehlte weiterhin jede Spur von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon. Die York Regional Police bestätigte im Juli 1999, dass ein Verhaltenspsychologe bei den Ermittlungen assistierte. Anfang Juli 1999  ermittelte die York Regional Police einen möglichen Tatort in dem Haus in der Millard Street in Whitchurch-Stouffville [Ontario], in dem Tammy Lynn Lamondin-Gagnon und Pol Classen in der Nacht ihres Verschwindens eine Party besucht hatten. Über 25 Beamte zu Fuß, in Streifenwagen, auf Mountainbikes und in Hubschraubern suchten die Gegend um Whitchurch-Stouffville nach Hinweisen und Beweisen ab. 

Hinweise auf Leichenfundorte und Grabstätten 

Anfang August 1999 ging die Polizei zwei möglichen Hinweisen auf mögliche Leichenfundorte nach, in denen die Leiche der 20-jährige Tammy Lynn Lamondin-Gagnon angeblich versteckt sein sollte, aber sie fand jedoch an einer der Stellen nur einen Erdhaufen und an der anderen Stelle ein begrabenes Reh. Am 9. August 1999 wurde in der Gegend von Whitchurch-Stouffville und Nord-Uxbridge eine weitere Suchaktion durchgeführt, die jedoch wieder ergebnislos war. Die Polizei gab an, die Suchmaßnahmen seien durch hohe Arbeitsbelastung der Beamten beeinträchtigt worden, da die Mordkommission gleichzeitig zwei Morde im nahegelegenen Markham untersuchte. Einmal den Mord an der 44-jährigen Maria Wong, ermordet am 11. Februar 1999, und den Mord an der 16-jährigen Sandy Ebrahim, ermordet am 27. Juni 1999. In einer Erklärung im August 1999 teilte der stellvertretende Polizeichef der York Region  den Medien mit, dass er und andere Ermittler in ihrer Freizeit Umwege über Landstraßen machen würden, um die Suche nach Tammy Lynn Lamondin-Gagnon fortzusetzen.

Die York Regional Police erhielt Hinweise auf mögliche Leichenfundorte und Grabstätten in Whitchurch-Stouffville und Nord-Uxbridge, wo Tammy Lynn Lamondin-Gagnon angeblich begraben wurde. Die Polizei führte umfangreiche Suchmaßnahmen durch, aber die Leiche von Tammy wurde nicht gefunden. 
Foto: Google Maps 

Interesse am Vermisstenfall nahm ab

Obwohl im ersten Jahr [1999] über 100 Personen an der Suche teilnahmen, darunter Polizisten und Freiwillige, ließ das Interesse irgendwann nach. Im zweiten Jahr [2000] untersuchten nur noch Jaqueline Gagnon und ihr Sohn Darren Gagnon, aktiv ihr Verschwinden.

Die Theorien 

Das Verschwinden von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon ist weiterhin ungeklärt. Trotzdem gibt es einige Theorien darüber, was mit ihr passiert sein könnte und wer für ihr Verschwinden verantwortlich gewesen sein könnte. Auf diese Theorien möchte ich nun kurz näher eingehen. Es gilt natürlich wie immer die Unschuldsvermutung.

1. Theorie "Freiwilliges Verschwinden"

Hat Tammy Lynn Lamondin-Gagnon freiwillig ihr gewohntes Lebensumfeld verlassen?

Die Angehörigen von Vermisstenfällen werden immer mit der Möglichkeit eines freiwilligen Verschwindens konfrontiert. Die Polizei untersuchte natürlich auch diese Möglichkeit, weil besonders viele junge Frauen aufgrund der Lebensumstände oft freiwillig aus ihrem gewohnten Lebensumfeld ausbrechen oder sie in die Drogen- und Alkoholsucht abrutschen und dann häufig in den großen Städten der Prostitution nachgehen. Im Vermisstenfall Tammy Lynn Lamondin-Gagnon konnte man jedoch recht schnell abschließen, dass sie freiwillig verschwunden ist. Sie nahm auch keine Drogen und hielt sich auch nicht in einem schlechten Umfeld auf. Die Familie und die Freunde von Tammy schlossen ein freiwilliges Verschwinden aus. So ein Verhalten würde überhaupt nicht zu Tammy passen. Außerdem hat sie alle persönlichen und wichtigen Dinge in ihrer Wohnung zurückgelassen. Auch auf ihrem Bankkonto gibt es seit dem Verschwinden keine Bewegungen. Sie hat weder Geld abgehoben noch eingezahlt. Das sind alles Punkte, die gegen ein freiwilliges Verschwinden sprechen.

2. Theorie "Verbrechen"

Ist Tammy Lynn Lamondin-Gagnon Opfer eines Verbrechens geworden?

Das ist zumindest die Theorie der Ermittler und der Familie Gagnon. Auch ihre Freunde glauben, dass Tammy Opfer eines Gewaltverbrechens geworden ist. Es steht außer Frage, dass Tammy entweder auf der Party in Whitchurch-Stouffville oder im Fairy Lake Park etwas zugestoßen sein muss, wobei die Informationen mit dem Fairy Lake Park nur von Pol Classen kommt. Es gibt keine andere Person, die Tammy Lynn Lamondin-Gagnon in den frühen Morgenstunden des 29. Mai 1999 im Fairy Lake Park oder am Fairy Lake gesehen hat.

3. Theorie "Denis Léveillé"

Hat Denis Léveillé etwas mit dem Verschwinden von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon zu tun?

Im True-Crime-Podcast "The Next Call" von CBC spekulierte Moderator David Ridgen, dass Denis Léveillé, ein Verdächtiger im ungelösten Verschwinden von einer anderen jungen indigenen Frau im Jahr 1996 mit einer Vorgeschichte des sexuellen Missbrauchs von Teenagern, für andere Vermisstenfälle in Ontario verantwortlich sein könnte. David Ridgen nahm Tammy Lynn Lamondin-Gagnon in einer Liste von Mädchen und jungen Frauen auf, die in Ontario verschwunden sind, als Denis Léveillé aktiv war.

4. Theorie "Pol Classen"

Hat Pol Classen etwas mit dem Verschwinden von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon zu tun?

Pol Classen ist für die Polizei definitiv eine Person von Interesse. Da er die letzte Person war, die Tammy Lamondin lebend gesehen hatte, fiel der Verdacht sofort auf Pol Classen. Pol Classen war ein 27-jähriger Mann aus dem nahegelegenen Goodwood. In den ersten Tagen der Ermittlungen verhörte die Polizei Pol Classen zweimal, vermied es jedoch, ihn öffentlich als Verdächtigen zu bezeichnen. Die Polizei teilte den Medien jedoch mit, dass gegen niemand sonst ermittelt werde. 
Die Ermittlungen konzentrierten sich darauf, was Pol Classen zwischen dem Zeitpunkt, als er Tammy angeblich um 2.00 Uhr im Fairy Lake Park abgesetzt hatte, und dem Zeitpunkt, als er um 6.43 Uhr in Whitchurch-Stouffville seine Bankkarte benutzte, fast fünf Stunden später am selben Morgen, getan hatte. Pol Classen hatte sich zum Zeitpunkt des Verschwindens im Haus seiner Schwester in der Millard Street in Whitchurch-Stouffville  aufgehalten, demselben Haus, in dem er und Tammy Lynn Lamondin-Gagnon unmittelbar vor ihrem Verschwinden eine Party besucht hatten. 
Pol Classen rückte auch weiter in den Fokus der Ermittlungen, weil die Ermittler der York Regional Police herausgefunden haben, dass er kurz nach ihrem Verschwinden einen Teppichreiniger im örtlichen Lebensmittelgeschäft gemietet hatte. Laut Angaben der Polizei kehrte Classen auch in die Bar zurück, in der er und Tammy in der Nacht ihres Verschwindens gemeinsam gewesen waren, und erzählte dem Manager, dass er Tammy seit ihrem Verschwinden noch einmal lebend auf der Main Street gesehen habe. Dies erzählte er auch seinen Freunden und dass sie nicht wirklich verschwunden ist, aber niemand konnte seine Aussagen bestätigen und Tammy Lamondin wurde nie wieder gesehen.

Am 7. Juni 1999, etwas mehr als eine Woche nach dem spurlosen Verschwinden von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon und nachdem er ein drittes Mal  von den Ermittlern aufgefordert worden war, sich einer polizeilichen Befragung zu unterziehen, beging Pol Classen im Geschäft seiner Familie in Vandorf Suizid. Das Haus seiner Schwester wurde zum Tatort erklärt, und Anfang Juli 1999 lösten im Haus sichergestellte Beweise eine gründliche polizeiliche Durchsuchung der Umgebung aus. Es wurde dort wohl nichts gefunden, was die Ermittlungen entscheidend weiter brachte. 

Fazit:

Ich glaube nicht an ein freiwilliges Verschwinden von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon. Ich bin davon überzeugt, dass sie Opfer eines Gewaltverbrechens geworden ist, weil es einfach die plausibelste Erklärung für ihr spurloses Verschwinden ist. Was genau mit Tammy passiert ist oder wer für ihr Verschwinden verantwortlich ist, kann ich nicht sagen. Ich verdächtige aber Pol Classen etwas mit dem Verschwinden von Tammy zu tun zu haben. Er war die letzte bekannte Person, die mit Tammy zusammen gewesen ist und auch die letzte bekannte Person, die Tammy das letzte Mal lebend gesehen hat. Auch sein Versuch, andere davon zu überzeugen, dass er Tammy nach dem 29. Mai 1999 noch einmal lebend auf der Main Street in Newmarket gesehen hat, wirft natürlich Fragen auf. Wenn ich nichts mit dem Verschwinden von Tammy zu tun habe, dann brauche ich auch keine Angst vor der Polizei zu haben und irgendwelche falschen Informationen zu verbreiten. Es gibt niemanden, der Tammy Lynn Lamondin-Gagnon nach dem 29. Mai 1999 noch einmal lebend gesehen hat. Auch wurde sie auch auf keiner der zahlreichen Überwachungskameras im Stadtgebiet von Newmarket aufgenommen. Und dann ist da noch der Suizid von Pol Classen, nachdem er zweimal sehr umfangreiche und intensiv von den Ermittlern der York Regional Police befragt worden war. Er sollte eigentlich noch ein drittes Mal befragt werden, aber dazu kam es nicht mehr, denn Pol Classen hatte sich kurz vor der dritten Befragung das Leben genommen. Für mich ist das wie ein Schuldeingeständnis. 

Natürlich könnte auch eine noch unbekannte Person etwas mit dem Verschwinden von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon zu tun haben. Solange der Fall nicht abgeschlossen ist, muss man auch für diese Möglichkeit offen sein. Auch zum Thema Denis Léveillé kann ich nicht viel sagen. Ja, er steht im Verdacht, etwas mit dem Verschwinden einer anderen jungen Frau zu tun zu haben, aber das macht ihn für mich nicht automatisch zum Verdächtigen im Fall Tammy Lynn Lamondin-Gagnon. Außerdem gibt es keinen Beweis, dass er sich zu der fraglichen Zeit in Newmarket und Umgebung aufgehalten hat. 

Ich hoffe, dass die Polizei den Fall irgendwann aufklären kann und wir erfahren werden, was tatsächlich mit Tammy Lynn Lamondin-Gagnon passiert ist und wer dafür verantwortlich gewesen ist.

Beschreibung von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon 
  • Tammy Lynn Lamondin-Gagnon wurde am 4. Februar 1979 in Kanada geboren. 
  • Sie verschwand am 29. Mai 1999 aus ihrem gewohnten Lebensumfeld in Newmarket in der Regionalgemeinde York, in der kanadischen Provinz Ontario.
  • Zum Zeitpunkt ihres Verschwindens war sie 20 Jahre alt und lebte in Newmarket in der Regionalgemeinde York, in der kanadischen Provinz Ontario. 
  • Sie ist von indigener Abstammung und gehört der Ojibwe, einem Anishinaabe-Volk an.
  • Sie ist 1,70 groß und wog damals etwa 50 Kilogramm. 
  • Sie hat eine schlanke Figur. 
  • Tammy hat blaue Augen und braune kurze Haare. 
  • Sie ist Linkshänderin und hat eine Tätowierung eines Delfins an der Innenseite ihres rechten Knöchels. 
  • Außerdem hatte sie zum Zeitpunkt des Verschwindens ein Bauchnabelpiercing mit Ring und sie hatte Ohrlöcher [ein Ohr dreimal durchstochen]. 
  • Sie ist Linkshänderin. 
  • Tammy war zuletzt mit einem blauen Jeans-Overall, einem gelben Tanktop und Birkenstock-Sandalen mit drei Riemen bekleidet. 
  • Sie trug damals außerdem Schmuck aus Sterlingsilber und möglicherweise eine schwarze Halskette mit Medaillon. 
  • Die Polizei hat Zugriff auf ihre zahnärztlichen Unterlagen, die zur Identifizierung ihrer sterblichen Überreste verwendet werden könnten, falls diese gefunden werden.
  • Tammy Lynn Lamondin-Gagnon wäre aktuell 45 Jahre alt, sofern sie doch noch lebt. 
Wo ist Tammy Lynn Lamondin-Gagnon?
Foto: Polizei 

Die Nachwirkungen 

Am 8. Oktober 2003, mehr als vier Jahre nach ihrem Verschwinden, wurde ein Gedenkgottesdienst für Tammy Lynn Lamondin-Gagnon abgehalten.

In der Anfangsphase der Ermittlungen hatte die Familie von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon der Polizei mitgeteilt, dass sie zu den First Nations gehörte. Damals glaubten sie jedoch nicht, dass dies Auswirkungen auf die Vorgehensweise der Behörden in dem Fall haben könnte. In einem Interview im Jahr 2015 äußerte Jacqueline Gagnon Bedenken, dass dieses Detail die Vorgehensweise der Ermittler doch beeinflusst haben könnte. Sie schlug vor, dass die Ergebnisse der nationalen Untersuchung zu vermissten und ermordeten indigenen Frauen und Mädchen zu besseren Ergebnissen in den Fällen anderer vermisster indigener Frauen führen könnten.

Ihre Familie ließ Tammy Lynn Lamondin-Gagnon im 2015 für Tod erklären und beantragte die Ausstellung einer Sterbeurkunde in ihrem Namen, nachdem es 16 Jahre lang kein Lebenszeichen von ihr gegeben hatte.

Aktuelle Einstufung des Falls 

Tammy Lynn Lamondin-Gagnon wurde als vermisste und gefährdete Person eingestuft. 
Ab 2021 wird das Verschwinden von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon als ungelöster Fall behandelt und von einer Mordkommission der York Regional Police untersucht. Damit klassifiziert die Polizei  den Fall nicht nur als Vermisstenfall, sondern auch als einen möglichen Mordfall bzw. als ein mögliches Tötungsdelikt. Der Fall wird mittlerweile als Missing Cold Case bezeichnet, trotzdem ermittelt die Polizei weiter aktiv in dem Fall. Die Ermittler sind weiterhin auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. Die Polizei hat Zugriff auf ihre zahnärztlichen Unterlagen, die zur Identifizierung ihrer sterblichen Überreste verwendet werden könnten, falls diese gefunden werden. Jeder Hinweis könnte wichtig sein. 

Fragen der Ermittler:
  1. Wer war in den frühen Morgenstunden des 29. Mai 1999 auf einer Hausparty in der Millard Street in Whitchurch-Stouffville und hat noch nicht mit den Ermittlern gesprochen?
  2. Wer hat Tammy Lynn Lamondin-Gagnon in den frühen Morgenstunden des 29. Mai 1999 auf einer Party in einem Haus in der Millard Street in Whitchurch-Stouffville [Ontario] gesehen und mit ihr gesprochen?
  3. Wer hat Tammy Lynn Lamondin-Gagnon und Pol Classen am 29. Mai 1999 vor 2.00 Uhr morgens beim Verlassen der Hausparty in der Millard Street in Whitchurch-Stouffville in der Regionalgemeinde York  [Ontario] beobachtet?
  4. Wer hat Tammy Lynn Lamondin-Gagnon in den frühen Morgenstunden des 29. Mai 1999 nach 2.00 Uhr am Fairy Lake oder im Fairy Lake Park in Newmarket in der Regionalgemeinde York  [Ontario] gesehen?
  5. Wer hat Tammy Lynn Lamondin-Gagnon nach dem 29. Mai 1999 noch einmal gesehen oder gesprochen?
  6. Wer kennt die genauen Umstände und Hintergründe ihres Verschwindens?
  7. Wer weiß, wer oder was für das Verschwinden von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon verantwortlich gewesen sein könnte?
  8. Wer hat in den frühen Morgenstunden des 29. Mai 1999 im Bereich der Regionalgemeinde York [Ontario] andere Beobachtungen gemacht, die mit dem Verschwinden von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon in Zusammenhang stehen könnten?
  9. Wer kennt den derzeitigen Aufenthaltsort von Tammy Lynn Lamondin-Gagnon?
  10. Wer hat sonstige Informationen zu dem Fall?

Wenn sie Informationen über den Fall haben, dann wenden Sie sich bitte an die Cold Case Unit der York Regional Police unter der Rufnummer 1-866-876-5423, Durchwahl 7865, oder schicken Sie den Ermittlern direkt eine E-Mail unter der E-Mail Adresse: coldcase@yrp.ca
Wenn Sie anonym bleiben möchten, dann wenden Sie sich bitte über das online Hinweisformular der Crime Stoppers an die Ermittler. 

Kommentare

  1. Menschen aus einem indigenen Stamm haben KEINE blauen Augen. Das ist nicht möglich. Menschen indianischer Abstammung erkennt man an deren dunklen, mandelförmigen Augen, da diese Völker asiatischer Abstammung sind.

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  3. Es können aber auch mal andere Menschen mit einer anderen Abstammung ihre Gene weitergegeben haben. Es kann manchmal Generationen zurückliegen und es kommen dann blaue Augen raus. Tammy sieht auch nicht typisch indigen aus, aber sie wird überall als mit indigener Abstammung aufgeführt. Das kommt nicht selten vor, dass ich persönlich eine indigene Abstammung bei den Vermisssten oder Ermordeten nicht offensichtlich erkenne und sie beispielsweise eher als kaukasisch oder als biracial bezeichnen würde, aber wenn die Leute von den Strafverfolgungsbehörden und anderen Organisationen offiziell als indigen bezeichnet, deshalb muss ich das so übernehmen. Und schaut man beispielsweise bei Tammy in die Familie, so stammt sie tatsächlich von einem indigen Volk ab. Das kann verwirrend sein.

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    1. Ja, verständlich. Mir kommt es eher vor, als wäre sie französischer Abstammung.

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