NIEDERLANDE: Tötungsdelikt z. N. von Simone de Laat (1989)

Der Mord an Simone de Laat

Wer ist für den Tod von Simone de Laat verantwortlich?


Über diesen niederländischen Cold Case aus dem Jahr 1989 habe ich das erste Mal im Mai 2020 in meinem Erstblog berichtet. Der alte Beitrag war recht kurz und enthielt kaum Informationen, deshalb habe ich jetzt einen komplett neuen Beitrag über diesen Fall verfasst. Ich habe den Beitrag nun auch hier im Zweitblog veröffentlicht, weil der Fall ein internationaler Fall ist und dadurch eigentlich besser in den Zweitblog passt. Da der alte Beitrag aber zunächst nur im Erstblog zu finden war, möchte ich den Fall auch nicht aus diesem Blog entfernen. Dieser Fall ereignete sich in Ferwert in der Gemeinde Noardeast-Fryslân, in der niederländischen Provinz Fryslân. Bis heute konnten die niederländischen Strafverfolgungsbehörden den Fall nicht aufklären.

Der Mord an Simone de Laat ist seit 1989 ungeklärt. Wer ist für den Tod von Simone de Laat verantwortlich?
Foto: Polizei 

Der Fall Simone de Laat 

Simone wurde am 15. Juni 1959 geboren und verbrachte einen großen Teil ihres Lebens in der Randstad. [Anm. Die Randstad, auch Randstad Holland, oder Deltametropool, ist eine Metropolregion im Westen der Niederlande mit einer Einwohnerzahl von insgesamt acht Millionen Menschen. Dieses Gebiet wurde vom Niederländischen Ministerium für Wohnungswesen, Raumordnung und Umwelt im Rahmen eines raumplanerischen Entwicklungsplanes definiert und wird gezielt gefördert. Zur Randstad gehören die urbanen Gebiete von und um Amsterdam, Haarlem, Leiden, Den Haag, Delft, Rotterdam, Dordrecht, Gouda, Utrecht, Hilversum und Almere. Das Gebiet erstreckt sich über Teile der Provinzen Noord-Holland, Zuid-Holland, Flevoland und Utrecht. Die Randstad macht 20 Prozent der Gesamtfläche und mehr als 40 Prozent der Bevölkerung der Niederlande aus. Der Begriff Randstad (deutsch Randstadt, Saumstadt, Kantenstadt) wurde erstmals im Jahr 1938 von Albert Plesman, Gründer und Vorstand der niederländischen Fluggesellschaft KLM, verwendet, nachdem er die Region aus der Luft gesehen hatte. Die Städte der Randstad liegen entlang des Randes des Grünen Herzens der Niederlande mit einer Lücke im Südosten und bilden so eine Sichelform. Die größten Städte liegen minimal 26 km (Den Haag – Rotterdam) und maximal 77 km (Amsterdam – Rotterdam) voneinander entfernt. Zum Vergleich: Die Ost-West-Ausdehnung Berlins beträgt etwa 45 km.] 
Berichten zufolge hatte Simone de Laat eine sehr schwierige Kindheit. Sie soll in ihrer Kindheit von ihrem eigenen Vater sexuell missbraucht worden sein. 

Umzug nach Ferwert 

Irgendwann zog Simone de Laat nach Ferwert in die Gemeinde Noardeast-Fryslân, in der niederländische Provinz Fryslân. Simone de Laat gründete mit ihrem Partner Rob eine Familie. Simone bekam zwei Söhne namens Michael und Kevin. Simones Partnerschaft zu Rob war auch nicht sehr einfach. Es war eine komplizierte Beziehung zu Rob. Da das Zusammenleben zweimal gescheitert war, beschlossen Simone und Rob schließlich, getrennt zu leben, sich aber trotzdem alle zwei Wochen zu sehen. Nach der endgültigen Entscheidung zog Rob zu seiner Mutter nach Alphen aan den Rijn und Simone zog zu ihren Eltern, die ebenfalls in Ferwert lebten. Simone war sehr kreativ und konnte sehr gut zeichnen. Es machte ihr Spaß, mit ihren Kindern zu basteln. Sie war eine liebe Mutter, die alles für ihre Kinder machte.

Simone de Laat zog mit ihren Kindern nach Ferwert in der Gemeinde Noardeast-Fryslân, in der niederländischen Provinz Fryslân. 
Foto: Google Maps 

Umzug in ein Haus in der Roulastrjitte 

Kurze Zeit später zogen Simone und ihr ältester Sohn Michael in ein eigenes Haus in der Roulastrjitte. Der jüngere Sohn Kevin blieb bei den Eltern von Simone, um sie als alleinerziehende Mutter zu entlasten. Das neue Haus von Simone war ein Eckhaus und lag in einer Sackgasse. Das Viertel, in dem Simone neues Haus stand, war sehr ruhiges Viertel mit einer sehr guten Nachbarschaft. Die Anwohner trafen sich regelmäßig, um sich zu auszutauschen und eine gute Nachbarschaft zu pflegen. Simone hatte auch Kontakt zu Menschen aus der Nachbarschaft.

Simone de Laat mit ihrem jüngsten Sohn Kevin. Leider gibt es keine Bilder von Simones Sohn Michael. 
Foto: Familie de Laat/Privat

Simone de Laat zog in die Roulastrjitte in Ferwert. Ich konnte nur rekonstruieren, wo genau sie damals gelebt hat. Sie soll am Ende der Sackgasse gelebt haben.
Foto: Google Maps 

Simone de Laat soll am Ende der Sackgasse gelebt haben. Wenn das stimmt, dann muss sie in einer der Wohnungen dieses Hauses gelebt haben.
Foto: Google Maps 

Die Entdeckung 

Am Morgen des 4. Dezember 1989 wurde die 30-jährige Simone gegen 9.30 Uhr von ihren Eltern tot in ihrem Haus aufgefunden. Die Mutter war zum Haus von Simone gefahren, weil sie zu einem Arzttermin nicht erschienen war. Ihre Mutter hatte eine halbe Stunde zuvor ebenfalls einen Termin beim selben Arzt vereinbart. Als sie jedoch ihr Gespräch beendet hatte, sah sie, dass Simone nicht im Wartezimmer war, obwohl sie jeden Moment an der Reihe wäre. Anschließend fuhr die besorgte Mutter mit ihrem Mann zu Simones Haus, wo sie mit ihrem eigenen Schlüssel die Haustür öffnete und das Haus betrat. Als sie die Schlafzimmertür öffnete, erlebte die Mutter den Schrecken ihres Lebens. Simone lag tot auf dem Bett, die Hände lagen an den Seiten, und das Bettzeug war komplett voller Blut. In Panik rief die Mutter ihren Arzt, der schnell vor Ort war.

Der Arzt stellte fest, dass Simone de Laat bereits seit mehreren Stunden tot war. Vermutlich aufgrund eines harten Schlags auf ihren Kopf, aber das blieb noch abzuwarten. Sicher war, dass die 30-jährige Simone de Laat mit großer Gewalt getötet worden war. Der Arzt alarmierte die Polizei von Ferwert.

Simone de Laat wurde von ihren Eltern tot in ihrem Haus aufgefunden. 
Foto: Familie de Laat/Privat

Die Polizei erreichte den Tatort 

Schon kurze Zeit später erreichte die Polizei den Tatort in der Roulastrjitte in Ferwert. Für die Ermittler war sofort klar, dass Simone de Laat Opfer eines Gewaltverbrechens geworden ist. 
Der Tatort wurde großflächig abgesperrt und die Kriminaltechniker sicherten Spuren und Beweise.
Die Leiche von Simone de Laat wurde für weitere forensische Untersuchungen in das zuständige Rechtsmedizinische Institut von Fryslân gebracht.

Die Autopsie 

Bei der Autopsie durch den zuständigen Rechtsmediziner konnte bestätigt werden, dass Simone de Laat Opfer eines Gewaltverbrechens geworden ist. Die genaue Todesursache war Ersticken. Der Täter hatte Simone vermutlich mit einem Kissen getötet, nachdem er sie im Schlaf mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf geschlagen hatte. Es wurde nie klar, um welches Objekt es sich genau gehandelt hat. Obwohl Simone nackt aufgefunden wurde, sei sie nach Angaben des Rechtsmediziners weder vergewaltigt noch sexuell missbraucht worden. Der genaue Todeszeitpunkt wurde auf den Abend des 3. Dezember 1989 gegen 23.00 Uhr festgelegt. 

Die Ermittlungen 

Nach dem Mord stellte die Polizei ein dreißigköpfiges Ermittlungsteam zusammen und untersuchte den Tatort auf mögliche Täterspuren. Es wurden keine Anzeichen eines gewaltsamen Eindringens in oder am Haus gefunden und nach meiner Recherche fehlten wohl auch keine Gegenstände. Simones gut gefüllte Brieftasche wurde vom Täter nicht mitgenommen. Im Schlafzimmer, in dem Simone angegriffen worden war, gab es keine Anzeichen eines Kampfes. Auf dem Boden lagen ein Kissen und eine Bettdecke, beide waren komplett mit Blut getränkt. Auf dem Boden lag auch ein Staubsauger, daneben lag Simones Unterhose. Auf dem Bett des Opfers lag ein weiteres Kissen, das ebenfalls mit Blutspuren bedeckt war. Die Wände waren mit Blut bespritzt. 

Simone mit ihrem Sohn Kevin. Wer hat die junge Mutter nur so brutal getötet?
Foto: Familie de Laat/Privat 

Die Fingerabdrücke 

Bei einer Spurensuche wurden in der Wohnung zehn Fingerabdrücke gefunden, die nicht Simone de Laat gehörten. Der leitende Ermittler forderte daher neunzehn Personen auf, die Simones Haus besucht hatten, ihre Fingerabdrücke abzugeben, um zu sehen, ob der Täter unter ihnen sei. Keiner der Fingerabdrücke stimmte mit den unbekannten Fingerabdrücken überein. 

Keine Anzeichen eines gewaltsamen Eindringens

Wie bereits erwähnt, wies das Haus keine Anzeichen eines gewaltsamen Eindringens auf, deshalb blieb für die Ermittler unklar, wie der Mörder ins Haus eingedrungen war. Es bestand praktisch keine Chance, dass der Mörder durch das schmale Küchenfenster hereingekommen war. Die Dinge auf der Fensterbank hatten das ohnehin erschwert, und die Staubschicht darauf zeigte, dass sie nicht berührt worden waren. Es bestand jedoch die Möglichkeit, dass der Täter selbst einen Schlüssel zum Haus besaß oder dass er von der Schnur wusste, die hinter dem Briefkasten hing und mit der sich die Tür öffnen ließ. In diesem Szenario wäre der Täter ein Bekannter von Simone de Laat gewesen.

Eine Befragung von Rob zeigte, dass Simone de Laat drei Wochen vor ihrem Tod offenbar große Angst vor etwas hatte, denn sie hatte Rob gebeten, zusätzliche Haken an der Tür in ihrem Haus anzubringen. Allerdings ist Rob dazu nicht mehr gekommen. Diesen Umstand bedauerte er später sehr.

Die Nachbarschaftsuntersuchung

Im Umfeld des Tatorts in der Roulastrjitte hat die Polizei eine Nachbarschaftsuntersuchung durchgeführt. Die Beamten besuchten Dutzende Adressen in der näheren Umgebung, um Fragen zu Simone de Laat und der Mordnacht zu stellen. Mehrere Anwohner gaben an, sie hätten Autos und Stimmen gehört und mehrere unbekannte Menschen auf der Straße gesehen. Mehrere Leute wiesen auch auf die Auseinandersetzungen hin, die Simone de Laat angeblich mit Rob hatte, und auf ihren Vater, der sie Gerüchten zufolge als Kind missbraucht hatte. Für die niederländischen Strafverfolgungsbehörden war es Anlass genug, sich eingehender mit der Beziehung zwischen Simone und Rob und ihrem Vater zu beschäftigen. Die Nachbarschaftsermittlung ergab auch ein gutes Bild darüber, wer am Abend des Mordes zu welcher Zeit an Simones Haus vorbeigegangen war. Mehrere Personen konnten der Polizei mitteilen, dass sie gesehen hatten, wie bei der 30-Jährigen Simone bereits nach 21.30 Uhr das Licht im Haus ausgeschaltet war. Andere gaben an, dass das Licht bis 22.30 Uhr im Haus noch eingeschaltet war.
Allerdings gab es einen Nachbarn, der sagte, dass das Licht um 23.00 Uhr noch an war, als er zum wiederholten Male am Haus vorbeiging. 

Die Theorien 

Der Mord an Simone de Laat ist weiterhin ungeklärt. Trotzdem gibt es einige Theorien darüber, wer für ihren Tod verantwortlich gewesen sein könnte. Es gilt natürlich wie immer die Unschuldsvermutung.

1. Theorie "Nachbar Martin"

Hat der Nachbar etwas mit dem Mord an Simone de Laat zu tun?

Martin war der Nachbar von Simone de Laat. Er war ein homosexueller Mann, der sich mit Simone regelmäßig zum Kaffee trinken getroffen hat.
Dieser Martin hatte Simone in der Nacht des Mordes angerufen und gefragt, ob sie etwas Tabak für ihn hätte. Das hatte sie jedoch nicht, also ging Martin zu Fuß zum örtlichen Café, um sich eine Packung Tabak zu kaufen. Martin sagte als Einziger, dass Simones Licht um 23.00 Uhr noch an war. Das erregte die Aufmerksamkeit der Polizei. Die Ermittler beschlossen, ihn genauer unter die Lupe zu nehmen und entdeckten einen ziemlich seltsamen Vorfall. Martin war einige Monate vor dem Mord von einer Sozialarbeiterin besucht worden. Sie war jedoch kurz nach dem Eintreten aus dem Haus geflüchtet, als Martin - trotz seiner homosexuellen Orientierung - sexuelle Annäherungsversuche machte und angeblich auch versuchte, sie zu würgen. Nach Angaben der Frau roch er damals stark nach Alkohol. 

Nach dieser Geschichte suchte die Polizei nach Hinweisen auf eine mögliche Tatbeteiligung von  Martin am Mord an Simone de Laat. Bei einer genauen Überprüfung seines Hauses und Grundstücks fanden die Beamten in seinem Garten einen Metallstreifen, mit dem sich Türen durch den Briefkasten öffnen ließen. Als sie Martin dazu befragten, warum er den besagten Gegenstand unter den Büschen in seinem Garten habe, antwortete er, dass er oft seine Schlüssel vergessen würde und dass er seine Tür mit dem Metallstreifen öffnen könne. Er bestritt, etwas mit dem Mord an Simone de Laat zu tun zu haben. Die Polizei konnte keine Beweise dafür finden, dass er etwas mit dem Mord an Simone de Laat zu tun hat. Darüber hinaus nutzten immer mehr Anwohner einen solchen Metallstreifen, um ihre eigenen Türen zu öffnen.

2. Theorie "Rob"

Hat Rob etwas mit dem Mord an Simone de Laat zu tun?

Da sich Simone und Rob laut den Anwohnern zufolge häufig stritten, konzentrierten sich die Ermittler nicht nur auf Simones Vater, sondern auch auf ihn. Die Statistik zeigt, dass ein Femizid in mehr als der Hälfte der Fälle durch den [Ex-]Partner begangen wird. Und schon alleine aus diesem Grund würde die Polizei früher oder später Rob genauer überprüfen. Die Polizei verhörte Rob ziemlich intensiv und lange, aber er hatte ein gutes Alibi. Rob hat in der Mordnacht bis 23.00 Uhr an der Tankstelle gearbeitet. Anschließend sei er nach Hause gegangen. Seine Mutter bestätigte seine Aussage und somit auch sein Alibi.
Nach Schätzung des Rechtsmediziners war Simone erst um 23.00 Uhr ermordet worden, und Alphen aan den Rijn liegt etwa zwei Autostunden von Ferwert entfernt. Es scheint, dass Rob tatsächlich nichts mit dem Mord zu tun hatte. 

3. Theorie "Simones Vater"

Hat Simones Vater etwas mit dem Mord an ihr zu tun?

Auch Simones Vater war eine POI [Person of Interest (Person von Interesse)]. Er hatte kein gutes Verhältnis zu seiner Tochter und Gerüchten zufolge misshandelte und missbrauchte er Simone sogar, als sie noch ein kleines Kind war. Die Polizei überprüfte deshalb die Möglichkeit, ob er etwas mit dem Mord zu tun hatte. Die Ermittler kamen aber schnell zu gegenteiligen Erkenntnissen. Beispielsweise besaß der Mann keinen Führerschein und war nur sehr eingeschränkt mobil. Er konnte nicht einmal zehn Meter ohne Probleme laufen. Die Frage war also, wie er [unbemerkt] zu Simones Haus gelangt wäre. Auf jeden Fall nicht zu Fuß und aller Voraussicht nach auch nicht mit dem Auto. Die Ermittler schlossen ihn deshalb schnell als Verdächtigen aus.

4. Theorie "Umfeld von Simone"

Hat jemand aus dem direkten oder indirekten Umfeld von Simone etwas mit dem Mord zu tun?

Auch diese Möglichkeit sollte definitiv in Betracht gezogen werden. Jeder aus dem Bekannten- oder Freundeskreis oder aus der Nachbarschaft könnte für den Mord verantwortlich gewesen sein. Zumindest kommt jede Person als Person in Frage, die Simone kannte oder wusste, einen Schlüssel zum Haus besaß oder von der Schnur wusste, die hinter dem Briefkasten hing und mit der sich die Tür öffnen ließ. In diesem Fall muss man davon ausgehen, dass der Täter aus dem direkten oder indirekten Umfeld von Simone de Laat stammt. Auch ein ehemaliger Mieter, der noch einen Schlüssel zum Haus besaß, könnte als Täter in Frage kommen.

5. Theorie "Unbekannte Person"

Wurde Simone de Laat von einer komplett fremden Person getötet?

Auch diese Möglichkeit sollte man nicht außer Acht lassen. Es könnte sich bei dem Täter auch um eine komplett fremde Person handeln, die in der Vergangenheit irgendwie an den Schlüssel gelangt ist [auf welchen Wegen auch immer]. Das würde dann den Täterkreis deutlich erweitern. Es muss dann keine Vorbeziehung zwischen Täter und Opfer gegeben haben. Diese Art von Täter könnte zufällig gesehen haben, dass Simone nun in dem Haus lebt und sich an den Schlüssel erinnert haben, der noch in seinem Besitz war. Möglicherweise wollte er Simone im der Mordnacht vergewaltigen, aber die Tat ist aus dem Ruder gelaufen. Der Täter könnte durch die Brutalität der Tat so überfordert gewesen sein, dass er nur noch vom Tatort flüchten wollte. Nur weil keine Anzeichen auf eine Vergewaltigung oder sexuellen Missbrauch gefunden wurden, könnte die Tat trotzdem sexuell motiviert gewesen sein. Das würde zum Beispiel erklären, warum Simone nackt aufgefunden wurde. 

Fazit:

Ich persönlich glaube, dass Simone von irgendjemandem aus dem direkten oder indirekten Umfeld wie zum Beispiel von einer Person aus der Nachbarschaft getötet wurde. Es muss nicht zwingend eine Vorbeziehung zwischen Täter und Opfer gegeben haben. Der Täter könnte auch zufällig auf Simone de Laat aufmerksam geworden sein. Der Täter könnte sie zum Beispiel beim Einzug gesehen haben oder bei einer anderen Gelegenheit, dafür gibt es unzählige Möglichkeiten. Auch wenn Simone nicht sexuell missbraucht oder vergewaltigt worden ist, bin ich davon überzeugt, dass die Tat sexuell motiviert gewesen ist. Ich glaube, bei der Tat ist irgendetwas passiert, das den Täter in seiner Motivation eingeschränkt hat. Ich kann mir vorstellen, dass der Täter von der Brutalität der Tatausführung oder von dem Mord an sich, überfordert oder erschreckt war und somit seine in der Fantasie geplante Tat nicht durchführen konnte. Möglicherweise kam es auch zu Errektionsproblemen. Natürlich kann ich das alles nicht beweisen, aber ich habe mir die Tat, die Tatausführung, den Tatort und andere Aspekte der Tat genau betrachtet und bin abschließend zu dieser Schlussfolgerung gekommen. Wie gesagt, es ist meine ganz subjektive Meinung. 

Ich hoffe, dass dieser Fall aufgeklärt wird und es zu einem Abschluss für die Angehörigen kommt. Ich sehe große Chancen, dass der Fall mit den heutigen Untersuchungsmethoden und Analyseverfahren aufgeklärt werden kann. Sofern die Polizei den Täter festnehmen kann und der Fall als Mord klassifiziert wird, dann kann die Justiz den Täter noch strafrechtlich verfolgen. Danach ist der Fall verjährt. Bei einer Einstufung als Totschlag braucht der Täter bereits heute keine strafrechtlichen Konsequenzen mehr zu fürchten. [Anm. Durch ein Gesetz vom 16. November 2005 wurde die Verjährungsfrist für Verbrechen, die mit einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren oder mehr bedroht sind, auf 20 Jahre erhöht. Darüber hinaus wurde bestimmt, dass das Recht zur Strafverfolgung für Verbrechen, die mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe bedroht sind, nicht verjährt.]

Fall wurde allmählich kalt 

Nach umfangreichen Ermittlungen und der Befragung von mehr als zweihundert Personen ist die Polizei kaum schlauer geworden. Den Ermittlern zufolge war das Motiv für den Mord nicht klar, sie vermuteten jedoch, dass es sich bei dem Täter um einen Bekannten von Simone gehandelt haben muss. Ihren Angaben zufolge handelte es sich nicht um einen Einbrecher, der es zum Beispiel auf Geld oder Wertgegenstände abgesehen hatte. Ein sexuelles oder persönliches Motiv könnte eine Erklärung für den Mord sein. Die Ermittlungen wurden im Jahr 1990 eingestellt. 

Die Ermittlungen im Fall Simone de Laat wurden mehrmals eingestellt und wieder aufgenommen. Bis heute ist der Fall ungeklärt. 
Foto: Familie de Laat/Privat 

Wiederaufnahme der Ermittlungen 

Im Dezember 2003 wurden die Ermittlungen im Mordfall Simone de Laat wieder aufgenommen. Der Fall wurde von einem komplett neuen Ermittlerteam neu aufgerollt. Ein Cold-Case-Team war nun für den Fall zuständig. Alle Aspekte des Falls sollten neu überprüft und bewertet werden. 
Möglicherweise hatte das Ermittlerteam von 1989 etwas übersehen oder anders bewertet? Das neue Ermittlerteam führte umfangreiche Ermittlungen durch und erneut rückten Rob und Simones Vater ins Blickfeld der Ermittler. Beide Männer wurden erneut sehr intensiv von den Ermittlern des Cold-Case-Teams befragt. Und diese Befragungen hatten bald großen Erfolg, so schien es zumindest.

Die Geständnisse oder die falschen Geständnisse 

Das Cold-Case-Team erhielt nicht nur ein Geständnis, sondern gleich zwei Geständnisse der Tat. Rob und Simones Vater sagten beide unabhängig voneinander, dass sie Simone getötet haben. Doch trotz dieser bizarren Wendung konnte der Fall nicht aufgeklärt werden. Polizeipsychologen, die die Verhöre hinter dem in Polizeiserien oft zu sehenden Spiegel beobachteten, waren der Meinung, dass beide Männer ein falsches Geständnis abgelegt hatten. Möglicherweise waren beide aufgrund des großen Drucks mit einem falschen Geständnis eingeknickt, nur um sich dem Druck zu entziehen. Den Experten zufolge wussten beide nichts über den Täter und wahrscheinlich würden die beiden in jedem Fall ein Geständnis abgeben, nur um den Verhören zu entgehen. Die Schlussfolgerung war, dass der Vater und Rob trotz ihres halben Geständnisses wieder nach Hause gehen durften. Das Ermittlungsteam nahm auch den Nachbarn Martin ins Visier. Offenbar war er kurz nach Simones Ermordung nach Dokkum gezogen, wo er im Jahr 1996 Selbstmord beging. Wäre er der Täter gewesen, hätte er das Geheimnis mit ins Grab genommen. Die Ermittlungen wurden erneut ergebnislos eingestellt. 

Peter R. de Vries und sein Team beschäftigten sich mit dem Fall

Im Jahr 2007 beschäftigte sich Peter R. de Vries mit dem Fall in seiner Fernsehsendung mit dem Fall.
[Anm. Ich möchte für alle noch einmal kurz erklären, wer Peter R. de Vries gewesen ist. Peter R. de Vries war ein niederländischer investigativer Journalist und Publizist, der sich vorrangig der Berichterstattung über Verbrechen widmete. In den Niederlanden wurde er vor allem durch seine Fernsehsendung Peter R. de Vries, (Peter R. de Vries, Kriminalreporter) bekannt, die 17 Jahre lang ausgestrahlt wurde. Peter R. de Vries setzte sich immer mehr für Opfer von Verbrechen und vermisste Personen ein und machte immer wieder auf die Fälle aufmerksam. Er hat sich in den vielen Jahren zu einem Experten für Vermisstenfälle, Mordfälle oder andere Verbrechen entwickelt. Er und sein Team begegneten den Angehörigen mit großer Anteilnahme und Empathie. Die Angehörigen fühlten sich bei ihm ernst genommen und er setzte sich auch manchmal jahrelang vehement für die Opfer der Verbrechen und für die Aufklärung der Fälle ein. Er zeigte auch oft die Fehler und manchmal auch die Ignoranz der Strafverfolgungsbehörden auf. Ich persönlich habe Peter R. de Vries als einen sehr netten Mensch kennengelernt, der sich voll und ganz für die Aufklärung von Verbrechen eingesetzt hat. Ich mochte ihn und seine Art sehr gerne. Besonders machte er vor einigen Jahren immer wieder in den niederländischen Medien auf die zahlreichen brutalen Verbrechen der nordafrikanischen Drogenkartellen aufmerksam, die auf niederländischem Boden zahlreiche Menschen und auch unbeteiligte Personen kaltblütig ermordet haben. Er forderte die Regierung auf, sich endlich dem Problem anzunehmen und die Verbrechen strengstens zu verfolgen. Damit rückte Peter R. de Vries auch in den Fokus dieser nordafrikanischen Gruppierungen und bekam Morddrohungen. Am 6. Juli 2021 war Peter R. de Vries in Amsterdam unterwegs, als auf ihn gezielt geschossen wurde. Am 15. Juli 2021, neun Tage später, starb Peter R. de Vries an den Folgen der Verletzungen.]
Er widmete der Akte Simone de Laat viel Aufmerksamkeit und Energie und nahm die Hilfe von Spezialisten auf der ganzen Welt in Anspruch. Beispielsweise bat er den FBI-Profiler Wayne Porter, den Fall zu untersuchen. Der Amerikaner schaute sich alle Details und Aspekte des Falls genau an. Er kam zu dem Schluss, dass der Täter ein Bekannter von Simone sei und dass er sie durch einen Blitzangriff getötet habe. Laut Wayne war es jemand, der Simone schon seit einiger Zeit beobachtete und schon seit einiger Zeit darüber nachdachte, sie zu töten. Er vermutete auch, dass der Mörder Simone nach dem Mord möglicherweise aus mangelndem Selbstwertgefühl nicht vergewaltigen konnte. Wayne Porter vermutet außerdem, dass der Täter nicht weit von Simones zu Hause entfernt lebt bzw. lebte. 

Laut Peter R. de Vries zufolge passte seine Analyse gut zu dem Szenario, dass Nachbar Martin der Mörder gewesen sein könnte. Schließlich war er homosexuell und konnte deshalb vielleicht keinen Sex mit Simones weiblichem Körper haben. Martin lebte ebenfalls in der Nachbarschaft und hatte zuvor eine Frau angegriffen. Außerdem war er im Besitz eines Metallstreifens, der Simones Haustür lautlos hätte öffnen können. 

Peter R. de Vries und sein Team führten umfangreiche Ermittlungen im Fall Simone de Laat durch und erhielten dadurch auch ganz neue Erkenntnisse. 
Foto: Familie de Laat/Privat 

Verletzung durch einen Hammer

Durch die Arbeit von Peter R. de Vries und seinem Team, das aus niederländischen und englischen Forensikern bestand, konnten weitere interessante Details des Falls herausgefunden werden. Dieses Team ist davon überzeugt, dass es sich bei der Waffe, mit der auf Simones Kopf eingeschlagen wurde, höchstwahrscheinlich um einen Hammer handelte. Die zuständigen Ermittler gingen damals zunächst davon aus, dass es sich um einen scharfen Gegenstand handelte, was später jedoch als nahezu ausgeschlossen werden konnte. Die Form der Kopfwunde ähnelte vielmehr einer Wunde, die durch einen Hammerschlag verursacht wurde. Bedeutete dies, dass der Täter spontan gehandelt hat? Schließlich würde man erwarten, dass der Täter eine wirksame Tatwaffe (z. B. ein Messer) mitnimmt, wenn er vorsätzlich einen Mord begehen wollte. Diese Frage bleibt vorerst unbeantwortet. 

Erneute Überprüfung der Beweise

Aufgrund der neuen Erkenntnisse, die das Team von Peter R. de Vries herausgefunden hat, sollten alle Beweisstücke mit den neuesten Analyseverfahren und Untersuchungsmethoden auf DNA-Spuren überprüft werden. Besonders das Kissen sollte auf DNA-Spuren überprüft werden, denn hier könnte man möglicherweise Spuren des Täters finden, da er das Kissen aktiv zur Tötung eingesetzt hat. Die Untersuchungsmethoden und Analyseverfahren haben sich seit 1989 stetig verbessert und heute reicht eine kleine Hautschuppe aus, um ein vollständiges DNA-Profil zu erstellen. Ich sehe wirklich eine große Chance, alle Beweisstücke erneut zu untersuchen. 

Die Nachwirkungen 

Zum Zeitpunkt des Mordes lebte der ältere Sohn Michael bei Simone. Was mit Simones älteren Sohn Michael passiert ist, konnte ich nicht herausfinden. Ich vermute, dass er während des Mordes im Haus anwesend war, weil er dort mit seiner Mutter lebte. Ich kann mir vorstellen, dass Rob und seine Familie sich um Michael gekümmert haben, schließlich war Rob sein Vater. 

Der jüngere Sohn Kevin war zum Zeitpunkt des Mordes gerade 1,5 Jahre alt und lebte bei Simones Eltern. Er hat keine Erinnerungen mehr an seine Mutter, weil er einfach noch zu jung war. Nach dem Tod seiner Mutter nahmen seine Tante Olga und ihr Mann den kleinen Kevin zu sich. Olga und ihr Mann kümmerten sich liebevoll um Kevin. Olga und Kevin kämpfen für eine Wiederaufnahme des Falls und sind zuversichtlich, dass der Fall aufgeklärt wird und sie Antworten erhalten.

Simones Schwester Olga und Simones Sohn Kevin. 
Foto: Google 

Aktuelle Einstufung des Falls 

Der Tod von Simone de Laat wurde als Mord bzw. als Tötungsdelikt eingestuft. Der Fall wird mittlerweile als Cold Case bezeichnet. Aktuell ermittelt die niederländische Polizei nicht aktiv in dem Fall. Die Akte wurde jedoch nie ganz geschlossen. Die Ermittler sind weiterhin auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen, um neue Ermittlungen anzustoßen. Jeder Hinweis könnte wichtig sein. 

Die Belohnung 
Die niederländischen Strafverfolgungsbehörden haben für Informationen eine Belohnung von 15.000 Euro ausgelobt, die zur Ergreifung des Täters oder zur Aufklärung des Falls führen. 

Fragen der Ermittler:
  1. Wer hat in der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember 1989 in der Roulastrjitte in Ferwert [Gemeinde Noardeast-Fryslân] eine verdächtige Person beobachtet?
  2. Wer hat in der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember 1989 in der Roulastrjitte in Ferwert [Gemeinde Noardeast-Fryslân] eine verdächtige Wahrnehmung gemacht?
  3. Wer hat in den Wochen und Tagen vor dem Mord im Umfeld von Simone de Laats Wohnhaus in der Roulastrjitte eine verdächtige Person oder ein verdächtiges Fahrzeug wahrgenommen?
  4. Wer weiß, was Simone de Laat etwa drei Wochen vor dem Mord so große Angst gemacht hat? Vor wem oder vor was hatte sie so große Angst?
  5. Wer weiß, wer für den Tod von Simone de Laat verantwortlich gewesen sein könnte?
  6. Wer kennt die genauen Umstände und Hintergründe der Tat?
  7. Wer hat nach der Tat irgendwelche Gerüchte über den Mord an Simone de Laat gehört?
  8. Wer hat andere Beobachtungen gemacht, die mit dem Mord an Simone de Laat in Zusammenhang stehen könnten?
  9. Wer hat sonstige Informationen zu diesem Fall?

Hinweise nimmt die niederländische Polizei unter der Rufnummer 0800-6070 entgegen.

Für anonyme Hinweise wurde ein Hinweistelefon unter der Rufnummer 0800-7000 eingerichtet.
Zudem nimmt jede andere Polizeidienststelle ihre Hinweise entgegen.

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