COLD CASE DER WOCHE: Maria "Germa" van den Boom (1984)

Das Verschwinden von Gerrigje Maria "Germa" van den Boom

Was ist Germa van den Boom zugestoßen?


Ich habe diese Woche für den "Cold Case der Woche" einen niederländischen Vermisstenfall ausgewählt, da ich mich bereits seit einigen Jahren immer wieder mit dem Fall beschäftige. Dieser Missing Cold Case stammt aus dem Jahr 1984 und ereignete sich in Nieuwendijk in der Provinz Noord-Brabant, Niederlande. Die niederländischen Strafverfolgungsbehörden gehen mittlerweile davon aus, dass Germa van den Boom Opfer eines Gewaltverbrechens geworden ist. Leider konnte das Schicksal von Germa van den Boom nicht geklärt werden.

Das Verschwinden von Gerrigje Maria van den Boom ist seit 1984 ungeklärt. Was ist mit Germa passiert?
Foto: Polizei 

Der Fall Germa van den Boom

Gerrigje Maria van den Boom wurde am 13. Juli 1965 in den Niederlanden geboren. Gerrigje wurde von allen nur Germa genannt, deshalb werde ich das auch machen. Im Jahr 1984 lebte die 19-jährige Germa van den Boom mit ihren Eltern und ihrem 15-jährigen Bruder Adriaan van den Boom in einem Haus im Dwarssteeg 7 in Nieuwendijk. Das Haus der Familie van den Boom Dwarssteeg steht im Weiler de Kille.
[Anm. Nieuwendijk ist ein Dorf in der Provinz Nordbrabant und hat etwa 3.660 Einwohner. Nieuwendijk liegt in der Nähe von Kille und Uppel.] Germa hat auch eine ältere Schwester, die 22-jährige Conny, die im Juli 1984 schwanger war und sich auf die baldige Geburt vorbereitet. Conny lebt aber bereits mit ihrem Partner Henk in einer eigenen Wohnung. Germa freut sich sehr, zum ersten Mal Tante zu werden.

Germa van den Boom als junges Mädchen.
Foto: Privat 

Die Familie van den Boom lebte etwas außerhalb von Nieuwendijk im Weiler Kille. Nieuwendijk liegt in der Provinz Noord-Brabant, Niederlande.
Foto: Google Maps 


Die Familie van den Boom lebte im Haus im Dwarssteeg 7 in Nieuwendijk. 
Foto: Google Maps 


So sieht das Haus im Dwarssteeg 7 in Nieuwendijk heute aus.
Foto: Google Maps 

Gläubige Familie

Die Familie van den Boom ist eine sehr gläubige Familie, der ihr Glauben sehr wichtig ist. Der Vater von Germa ist in der Kirche als Ältester tätig. Sie engagiert sich in der Kirche und ist sich ihres Glaubens bewusst. Sie nimmt an vielen Aktivitäten der Kirchengemeinde teil und ist unter den Mitgliedern der Gemeinde sehr beliebt.

Germa [Mitte] war ein sehr aktives Mitglied in ihrer Kirchengemeinde und nahm auch häufig an Aktivitäten teil, die von der Kirche organisiert wurden.
Foto: Google 

Abschlussprüfung nicht bestanden

Germa van den Boom war im Jahr 1984 Schülerin an der Oude Hoven Christian School in Gorinchem. Die Oude Hoven Christian School in Gorinchem ist eine christliche Schule. Leider hat Germa die Abschlussprüfung nicht bestanden. Sie ließ sich davon jedoch nicht entmutigen und wollte das Abschlussjahr noch einmal wiederholen. Sie möchte eines Tages Medizin studieren.

Klassenfoto mit Germa van den Boom.
Foto: Google 

Nettes und spontanes Mädchen

Germa van den Boom war als nettes und spontanes Mädchen bekannt. Seit einigen Monaten war sie mit Marco zusammen, dem sie in der Woche ihres Verschwindens noch einen Liebesbrief geschrieben hatte. Sie kickboxte im Fitnessstudio Body Gym in Sleeuwijk und stand mitten im Leben.

Germa van den Boom war ein sehr beliebtes Mädchen.
Foto: Polizei 

Arbeit in Marjans Boutique in Woudrichem

In den Wochen vor dem Verschwinden arbeitete die 19-jährige Germa van den Boom in Marjans Boetiek [Anm. Marjans Boutique], einem Nebengebäude des Tourismusbüros am Vissersdijk 14 in Woudrichem. Ihre Arbeit machte ihr Spaß, aber sie wollte in den Ferien im Altersheim "Goezate" in Werkendam arbeiten. Am Montag, dem 30. Juli 1984 sollte sie ihre Arbeit im Altenheim beginnen, aber sie tauchte nie im Altenheim "Goezate" auf.

Die Entfernung vom Haus der Familie van den Boom bis zur Arbeitsstelle von Germa.
Foto: Google Maps 

Das erste Mal allein zu Hause

Germa war Ende Juli 1984 das erste Mal ein ganzes Wochenende alleine zu Hause. Seit Freitagmorgen, dem 27. Juli 1984 ist Germa allein zu Hause. Ihre Eltern und ihr jüngerer Bruder Adriaan sind für ein Wochenende nach Hengelo gefahren, um bei Verwandten zu übernachten. Germas älteste Schwester Conny lebte, wie bereits erwähnt, mit ihrem Mann Henk zusammen. Conny brachte an diesem Wochenende ihre Tochter auf die Welt.

Die 19-jährige Germa van den Boom war das letzte Wochenende im Juli 1984 das erste Mal allein zu Hause.
Foto: Google 

Besuch der Großeltern

An diesem Freitag arbeitete Germa van den in Marjans Boetiek. Der Laden wurde jedoch früher geschlossen, weil es nichts zu tun gab. Nachdem Germa bei Marjans Boetiek gearbeitet hatte, besuchte sie eine Reihe von Verwandten, darunter auch ihre Großmutter und ihren Großvater. An diesem Abend besuchte sie auch ihre Freunde, blieb aber nicht lange. Sie fuhr anschließend mit ihrem Oma-Fahrrad nach Hause. Bis etwa 00.30 Uhr hörten die Nachbarn, dass Germa in ihrem Schlafzimmer Musik hörte.

Arbeit in Marjans Boetiek

Am Samstag, dem 28. Juli 1984 musste Germa wieder in Marjans Boetiek arbeiten. Am Abend besuchte Germa erneut ihre Großeltern, wo sie ihnen stolz erzählte, dass sie nun Tante geworden ist. Gegen 18.20 Uhr holte Germa Fleischprodukte bei ihrem Onkel Govert ab, der Metzger war. Von dort ging sie zum Milchmann, der ebenfalls verwandt mit Germa ist. Anschließend besuchte sie auch ihren Onkel Arie und ihre Tante Lena, wo sie gegen 19.00 Uhr aufbrach. Um 20.00 Uhr rief Germa begeistert ihren Freund an, um ihm von der Geburt ihrer Nichte zu erzählen.

Mit Freundinnen unterwegs

Später am Abend war Germa mit ihren Freundinnen verabredet. Sie wollten gemeinsam die Bars Maddox" und "Carrousel" in Gorinchem besuchen. Diese beiden Bars befinden sich in derselben Straße und sind nicht weit voneinander entfernt . Die Freundinnen holten Germa gegen 21.30 Uhr bei ihr zu Hause ab. Gegen 22.00 Uhr waren sie im Maddox, wo sie sich mit einem anderen Freund trafen. Germa trug an diesem Abend einen hellgrauen Overall, einen roten Kunstledergürtel, einen selbst gestrickten cremefarbenen (Loch-)Pullover und schwarze,  hohe Leinenschuhe. Außerdem hatte sie eine hellgrüne Jacke dabei und trug große Ohrringe.

Germa war am Abend des 28. Juli 1984 mit ihren Freundinnen im Carrousel und im Maddox in Gorinchem unterwegs.
Foto: Google 

Nachbarn getroffen

In der Bar traf sie auch den Sohn ihrer Nachbarn. Die Familien kannten sich schon lange und Germa war schon öfters mit dem Jungen unterwegs gewesen. Sie fragte ihren Nachbarn, ob sie später mit ihm nach Hause fahren könnte, da ihre Freunde früher nach Hause wollten und sie eigentlich noch länger bleiben möchte. Abschließend erzählte Germa ihren Freunden, dass sie mit dem Nachbarsjungen nach Hause fahren kann, sodass sie keinen Umweg machen müssen, um sie nach Hause zu bringen.

Die Heimfahrt

Zwischen 1.30 Uhr und 1.45 Uhr wollte der Nachbarsjunge nach Hause. Er holte Germa im Maddox ab, wo sie mit einer ihrer Freundinnen tanzte. Sie fuhren im Auto des Nachbarn nach Hause, eine Fahrt von etwa zehn bis fünfzehn Minuten. Germa sagte dem Nachbarn, dass sie ein bisschen Angst hatte, allein zu Hause zu sein. Einer der Nachbarn sah am vergangenen Mittwoch einen fremden Mann durch den Garten der Familie van den Boom laufen. Der Nachbarsjunge sagte, dass Germa sofort schreien sollte, wenn etwas nicht in Ordnung sei. Er sagte Germa, dass er noch eine Weile wach sein werde.

Kirchenbesuch geplant

Germa erzählte ihm weiter, dass sie trotz der späten Nachtstunden an diesem Sonntag um 10.00 Uhr in die Kirche gehen werde. Auch ihre Großmutter war in der Kirche. Der Junge von nebenan setzte Germa vor dem Eingang ihres Hauses ab und fuhr dann zu seinem eigenen Haus. Er sah noch, wie seine Nachbarin zu ihrem Haus ging, aber er wartete nicht, bis Germa tatsächlich im Haus war. Zeugen sahen gegen 02.15 Uhr, dass im Wohnzimmer der Familie van den Boom das Licht eingeschaltet war. [Anm. An diesem Abend lief im Fernsehen die Eröffnung der Olympischen Spiele in Los Angeles.]

Germa erschien nicht zum Gottesdienst

Obwohl Germa an diesem Sonntag eigentlich in die Kirche gehen wollte, erschien sie nicht zum Gottesdienst. Mehrere Familienmitglieder versuchten danach, Germa über ihr Privattelefon zu erreichen, aber niemand nahm die Anrufe entgegen. Auf Wunsch warf der Nachbar einen Blick auf das Haus, aber alles sah normal aus. Nur Germa war nicht dort. An diesem Abend riefen Germas Eltern mehrmals zu Hause an, aber auch diese Anrufe blieben unbeantwortet.

Nachbar stieg ins Haus ein

Am Montag, den 30. Juli 1974, gegen 7.00 Uhr morgens versuchte Germas Mutter erneut, ihre Tochter zu erreichen. Auch diesen Anruf nahm Germa nicht entgegen. Die Mutter machte sich mittlerweile sehr große Sorgen um Germa, da so ein Verhalten nicht zu ihr passte. Auf Wunsch der Mutter stieg ein Nachbar durch ein Fenster ins Haus ein, um zu sehen, ob Germa anwesend ist. In der Küche sah er ein Abtropfgestell mit einigen Tassen, einem Bierkrug [einem Senfglas] und einer Pfanne. Im Waschbecken lag etwas Spülmittel und ein silberfarbenes [Sandwich-]Messer. Der Nachbar entdeckte im Haus nichts Auffälliges. Er sah auch, dass alle Betten - auch Germas Bett - gemacht waren. Nur von der 19-jährigen Germa van den Boom fehlte jede Spur.

Bei der Polizei als vermisst gemeldet

Als sich herausstellte, dass die 19-jährige Germa van den Boom nicht zu ihrem neuen Job im Seniorenheim erschienen war, kam Panik auf und Germas Eltern beschlossen, sofort nach Hause zu fahren. Um 8.20 Uhr meldete ihr Vater, damals noch aus Hengelo, der Nationalpolizei in Werkendam, dass seine Tochter verschwunden ist.

Germa wurde am 30. Juli 1984 bei der Polizei als vermisst gemeldet.
Foto: Google 

Ermittler legten sich schnell fest

Da mehrere Kleidungsstücke fehlten, gingen die Ermittler bereits am Montag davon aus, dass Germa von Zuhause weggelaufen ist. Sie dachten nicht sofort an ein Verbrechen. Weitere Zeugen gaben jedoch an, dass Germa niemals von Zuhause weglaufen würde, besonders nicht jetzt, wo sie gerade Tante geworden ist und sehr verliebt in ihren Freund ist. Zufälligerweise gab es in der Gegend zwei weitere Berichte über jugendliche Ausreißer. Die Polizei versuchte, die Familie zu beruhigen. Nach ein oder drei Tagen würden sie wieder von Germa hören.

Türen verschlossen

Als die Eltern von Germa nach Hause kamen, waren die Hinter- und Vordertür verschlossen. Sie fanden keine Einbruchspuren. Die letzte anwesende Person musste auch das Haus durch die Hintertür verlassen haben, woraufhin diese Person diese Tür dann von außen verschlossen hat. Die Familie van den Boom hat zwei Schlüssel. Ein Schlüssel wurde an diesem Wochenende von den Eltern und der anderen von Germa genutzt.

Erste Auffälligkeiten entdeckt

Zunächst sah auch für das Ehepaar van den Boom im Haus alles unauffällig aus. Doch bald bemerkten sie merkwürdige Veränderungen im Haus. Der Küchentisch war umgestellt worden, Suppenschüsseln waren im Küchenschrank umgekippt und das Linoleum wies tiefgrüne Kratzer auf, die von den Küchenstühlen stammen mussten.

Fahrrad stand nicht im Schuppen

Germas Rennfahrrad war hinter dem Haus und verschlossen. Auch der Fahrradschlüssel war weg. Normalerweise stellte Germa das Fahrrad immer in den Schuppen. Die Mutter sah auch, dass das Geschirr noch nicht weggeräumt war. Ein Glas, eine Bratpfanne, ein Teller und Besteck standen auf dem Abtropfgestell. Die Mutter hatte Fleisch für Samstag und Fisch für Sonntag vorbereitet. Es war noch ein wenig Fleisch im Auflauf und der Fisch war noch im Kühlschrank und war nicht angerührt worden.

Blutspritzer entdeckt

Wenig später fand der Vater auch Blutspritzer an verschiedenen Stellen auf der Kokosmatte in der Küche, außerdem fand er Blutflecken auf den Gehwegfliesen im Garten. Es schien einen Kampf gegeben zu haben. Darüber wurde die Polizei noch am selben Tag informiert. Anschließend fand die Polizei im Haus verschiedene Spuren, die doch auf eine Straftat hindeuteten.

Kriminaltechnische Untersuchung durchgeführt

Am 7. August 1984, begann die Technische Ermittlungsabteilung mit der kriminaltechnischen Untersuchung bzw. mit der forensischen Spurenermittlung. [Anm. Ich persönlich finde, dass es viel zu spät war. Das war fast eine Woche nach dem Verschwinden von Germa. Zudem hatten die Eltern relativ früh die Auffälligkeiten und Blutspritzer entdeckt und sofort die Strafverfolgungsbehörden darüber informiert.]

Ermittler entdecken Spuren

Auf dem Küchenboden und dem Küchenschrank fanden die Ermittler Spuren von Kratzern und Farbe, offenbar von den Küchenstühlen. Nach der Rekonstruktion waren sich die Ermittler sicher, dass sich diese Stühle mit Gewalt über den Boden bewegt haben. Das forensische Team fand auch einige daktyloskopische Spuren [Fingerabdrücke] und Blutspuren. Nach Angaben der Polizei war auch Blut [DNA] vorhanden, das nicht erklärbar war.

Weitere Spuren von Gewalt entdeckt

Das Ermittlungsteam fand auch Spuren von Gewalt im Haus und in Germas Zimmer. Germas Schlafzimmer war ansonsten ordentlich. In ihrem Zimmer fanden die Ermittler das Urlaubsgeld, das sie in der Boetiek verdient hatte. Germas Lockenstab und Zahnbürste standen auf der Kommode. Der Vater von Germa meldete der Polizei, noch eine Entdeckung. Er hatte vor der Hintertür Blutspuren entdeckt. Er sah die Flecken, als er am Abend des 6. August 1984 nach Hause gekommen war. Die Ermittler sahen zwar auch die Flecken, glaubten aber nicht, dass es sich um Blut handelte.

Gegenstände verschwunden

Die Eltern von Germa entdeckten außerdem, dass einige Gegenstände plötzlich verschwunden sind, etwa eine Blumenvase, ein Topflappen, eine Hose, zwei Damenhöschen, ein Paar Socken, ein Nachthemd, eine Umhängetasche, eine Brieftasche, ein Fahrrad, ein Hausschlüssel, eine Halskette, ein Armband, ein goldener Ring, eine Damenuhr und Ohrringe. Die Sachen konnten nie gefunden werden.

Ermittler revidierten erste Einschätzung

Fünf Tage später besuchte der Ermittler aus Den Bosch die besorgte Familie am Dwarssteeg 7 in Nieuwendijk. Die Ermittler waren bald davon überzeugt, dass Germa doch nicht von Zuhause weggelaufen war. Labortests bestätigten, dass es sich bei den Flecken, die Germas Vater zuvor entdeckt hatte, tatsächlich um Blutflecken handelte. Das Blut hatte die selbe Blutgruppe wie Germa van den Boom. Der Ermittler hielt es nun für sehr wahrscheinlich, dass der 19-jährige Germa Opfer einer Straftat geworden war. Sie haben der Familie ihr Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht früher zu diesem Schluss gekommen sind. Dadurch gingen natürlich bei den Ermittlungen wertvolle Tage verloren.

Die letzte Spur

Die letzte Spur, die der Ermittler von Germa hatte, war die Aussage zweier Mädchen. Sie hatten irgendwo auf Babys gesittet und gingen auf dem Deich neben dem Dwarssteeg zurück nach Hause. Es handelte sich zufällig um Verwandte der Familie van den Boom, und ihnen war besonders aufgefallen, dass im Haus ihres Onkels noch Licht brannte. Sie konnten sehen, dass ebenfalls der Fernseher eingeschaltet war. Die Polizei ging aufgrund dieser Aussage davon aus, dass sich Germa zu diesem Zeitpunkt auf jeden Fall im Haus befand, nachdem sie von ihrem Nachbarsjungen abgesetzt worden war, der wie bereits erwähnt nicht gesehen hatte, ob sein Germa tatsächlich das Haus betreten hatte.

Die Ermittlungen 

Sobald die Polizei ein Verbrechen vermutete, wurde sie endlich aktiv. Durchsuchungen wurden von einem Zug der Bereitschaftspolizei durchgeführt, die Wasserschutzpolizei kam am Fluss zum Einsatz und Polizeihubschrauber wurden in und um den Biesbosch eingesetzt. In der Umgebung von Germas Haus wurde das Gebiet mit Infrarotscannern aus der Luft abgesucht. An vielen Schaufenstern waren Vermisstenplakate angebracht, die Informationen über Germa und ihr Verschwinden erhielten. Auch Freiwillige beteiligten sich an der Suche. Doch alles führte nicht zum Erfolg. 

Obwohl sich Freiwillige an der Suche beteiligten, hielten sich die meisten Bewohner des Weilers de Kille sehr bedeckt. Das war eine kleine eingeschworene Gemeinschaft. Nur wenige Menschen waren bereit, über die vermisste Germa zu sprechen, und ihre Eltern merkten, dass dies manchmal zu schmerzhaften Momenten im Alltag führen konnte. Sogar ein Witz, um das Eis zu brechen, ging bei den Bewohnern schief. Und das, während die Familie es schon schwer genug hatte.

Die Mutter erzählte später, dass sie sich wie eine Aussätzige gefühlt hat. Die Leute mieden die van den Booms. Sie sagte, das sie sich fühlte als ob sie die Krätze hatte, denn sobald sie ein bekanntes Gesicht sah, flüchteten die Leuten vor ihr. Auch den anderen Familienmitgliedern ging es ähnlich. Die Leute wollten einfach nicht mit der Familie sprechen. Dieses Verhalten war nicht aus Boshaftigkeit, sondern auch aus kompletter Unsicherheit und Überforderung. Die Justiz sah dies jedoch anders. Die Justiz erklärte, dass die Gemeinschaft aus Angst vor Repressalien absichtlich Informationen zurückgehalten habe. Sie sagten auch, sie wären sich sicher, dass es Menschen in der Nähe gebe, die mehr wüssten, sogar Menschen, die der Familie nahe stünden. Allerdings wurde einer Reihe direkter Personen aus der Umgebung  Blut abgenommen, um es mit den im Haus gefundenen Spuren zu vergleichen. Es kam zu keinem Match.

Vertraulicher Berater eingesetzt 

Da klar war, dass man der Polizei nicht viel sagen wollte, wurde beschlossen, einen vertraulichen Berater einzusetzen. Dies war bisher nur einmal in einer Ermittlungen geschehen. Von diesem Moment an konnten die Menschen während der Sprechstunde beim Hausarzt van den Linden ihre Hinweise und Informationen anonym abgeben. Seine Diskretion war gesetzlich garantiert. Die Familie hoffte, dass der Täter dem Arzt die Entführung oder den Mord gestehen würde, um den Angehörigen zumindest Ruhe zu verschaffen. Die Person würde dann zwar nicht verhaftet, aber die Familie könnte der verlorenen Germa endlich einen Platz geben. Leider ist der Täter beim Arzt Van den Linden nie aufgetaucht.

Bemerkenswerte Vorfälle

Am Donnerstag vor Germas Verschwinden hatte ein Mann die Boetiek betreten, in dem sie an diesem Tag arbeitete. Dieser unbekannte Mann mittleren Alters hatte eine Weile mit ihr über private Angelegenheiten gesprochen und ihr gesagt, dass er ziemlich einsam wäre. Germa hatte sehr verständnisvoll reagiert und ihm im Gespräch verraten, dass sie am kommenden Wochenende zum ersten Mal allein zu Hause werde. Der Mann kaufte ein Paar Ohrringe für seine Tochter und verließ dann den Laden. Germa hatte das Gespräch als angenehm empfunden, doch die Polizei wollte mit dieser unbekannten Person sprechen. Es wurde nie herausgefunden, wer dieser Mann war.

Gespräch belauscht

Kurz nach dem Verschwinden belauschte eine Lehrerin von Germa im Supermarkt ein Gespräch zwischen einem Mann und seiner etwa vierjährigen Tochter. Das Mädchen fragte den Mann, wo Germa wäre, worauf der Mann antwortete, sie solle den Mund halten. Als sie erneut fragte, sagte der Mann, dass sie tot ist und unterbrach das Gespräch. Die Ermittler versuchten, den Mann zu finden, hatten jedoch keinen Erfolg.

Beobachtung auf Mülldeponie 

Die Polizei erhielt auch eine Aussage eines Jungen, der auf der örtlichen Mülldeponie einen Mann gesehen hatte, der nach Angaben des Jungen die Leiche eines Mädchens in seinen Kofferraum gelegt hatte und dann davonfuhr. Nach dieser Meldung untersuchten die Ermittler sorgfältig jeden Zentimeter der Mülldeponie, fanden aber nichts weiter als ein paar Haare, die sich als von einem Tier stammend herausstellten.

Polizei suchte weiter nach Germa 

Trotz großer Bemühungen der Polizei endete die Suche nach Germa nicht. Es war ein einziges großes Rätsel, und Jahre vergingen, ohne dass sich bei den Ermittlungen viel bewegte. Unzählige Hinweise wurden vom Ermittlerteam einzeln geprüft. Fernsehprogramme, Zeitungen, Hellseher, ein Pfarrer der örtlichen Kirche sowie viele Freiwillige hatten versucht, zur Lösung der jahrelang vermissten Personen beizutragen. Aber alles umsonst. 

Ermittlungen mehrmals eingestellt und mehrmals wieder aufgenommen 

Irgendwann wurden die Ermittlungen eingestellt und wieder aufgenommen. Im Laufe der Jahre nahm die Polizei die Ermittlungen zu Germas Verschwinden mehrmals wieder auf. Insgesamt resultierten aus den Kampagnen rund 140 Projekte, etwa Nachbarschaftserkundungen, Durchsuchungen, Zeugenbefragungen und mehr als 1500 Hinweise.
Viele Informationen bezogen sich auf den Ort, an dem Germa begraben sein soll. Die Wasserschutzpolizei hat verschiedene Gewässer in der Gegend durchsucht. Die Ermittler organisierten alles, um die Oberfläche des Bodens abzusuchen. Auch in der Tiefe wurde natürlich gesucht. Ein Polizeihubschrauber durchsuchte immer wieder die Gegend um das Haus der Familie van den Boom. Außerdem wurden Infrarotscanner genutzt, die aus der Luft die Umgebung des Hauses scannten.

Örtliche Arbeitsgruppe suchte ebenfalls nach Germa 

Ein anderes Einsatzkommando durchsuchte immer wieder die unmittelbare Umgebung des Hauses sowie Grindwale in der Nähe. Die Bewohner halfen auch bei der Suche nach Germa. Beispielsweise versuchte eine örtliche Arbeitsgruppe "Verschwinden von Germa van den Boom" die Dorfbewohnern wieder nach Hause zu bringen.

Schüler und Lehrer befragt

Die Polizei auf die Mitschüler und Lehrer von Germa van den Boom zu. Die Kontakte von Germa über ihre Arbeit standen auch auf dem Prüfstand. Es gab beispielsweise Informationen, dass ein Vertreter mehrmals in der Boetiek gesehen wurde. Germa hatte auch viele Ohrringe von ihm gekauft. Die Polizei befragte den Vertreter, aber dies brachte die Ermittlungen auch nicht voran.

Cold Case-Team untersucht Fall erneut im Jahr 2001

Im Jahr 2001 wurde die Untersuchung von einem Cold-Case-Team wieder aufgenommen und die neuesten Techniken und viele tausend Arbeitsstunden wurden eingesetzt, um endlich Klarheit in den Fall zu bringen. Leider führte auch dies nicht zu neuen Erkenntnissen.

Foto eines unbekannten Mannes

17 Jahre nach dem Verschwinden von Germa van den Boom veröffentlichte die Polizei ein Foto, das sie zuvor noch nie veröffentlicht hatte. Es handelte sich um ein kleines Foto, das zwischen einigen Habseligkeiten in Germas Schlafzimmer gefunden wurde. Niemand wusste, wer dieser Mann war und warum Germa ein Porträt von ihm hatte. Peter R. de Vries bot der Person, die den Mann  auf dem Foto identifizieren konnte, zunächst fünftausend Euro an. [Anm. Peter Rudolf de Vries war ein niederländischer investigativer Journalist und Publizist, der sich vorrangig der Berichterstattung über Verbrechen widmete. Er setzte sich für die Verbrechensaufklärung ein. Er hat auch eine Stiftung gegründet, die sich der Verbrechensaufklärung widmet und Opfern von Verbrechen unterstützt. Ich selber hatte schon mehrfach Kontakt zu Peter R. de Vries. Mich hat wirklich beeindruckt, was für ein Mensch er war. Vor seinem Tod hatte er immer wieder auf das Problem mit der Maghreb-Mafia in den Niederlanden hingewiesen, die besonders durch ihre Kaltblütigkeit und Brutalität auffiel. Peter R. de Vries wurde am 15. Juli 2021 in Amsterdam auf offener Straße erschossen.] Er widmete der Akte van den Boom viel Aufmerksamkeit und war auch eine Stütze für die Familie. Die vermisste Germa stand irgendwo ganz oben auf seiner Liste der Dinge, die er am liebsten lösen wollte. Nach der tragischen Ermordung von Peter übernahmen seine Kinder die Leitung der neuen Stiftung ihres Vaters [damals Stichting de Gouden Tip]. Diese Stiftung versprach eine Belohnung von einer Million Euro für den entscheidenden Hinweis in einem ungeklärten Fall und wurde nach dem Attentat auf Peter wurde die Stiftung  "Peter R de Vries Foundation" umbenannt. Im Oktober 2022 kündigte die Stiftung an, für den entscheidenden Hinweis, eine Belohnung von 250.000 Euro auszuloben, der zur Lösung im Vermisstenfall Germa van den Boom führt. Eine Frau aus Nieuwendijk glaubte den Mann zu erkennen und war sich sicher, dass es sich um den investigativen Journalisten Ad Mol handelte. Ad Mol hatte über das Verschwinden von Germa van den Boom sehr engagiert berichtet.

Dieses Foto wurde in den Sachen von Germa entdeckt. Wer der Mann ist, konnte nie abschließend geklärt werden. Wer kann den Mann identifizieren?
Foto: Polizei 

Identität des Mannes auf dem Foto weiterhin unbekannt 

Auch Kriminaltechniker Frenk Bender fand die Ähnlichkeiten zwischen dem Bild und dem Journalisten sehr stark. Er machte die Ermittler auf seine Einschätzung aufmerksam. Ein amerikanischer Experte war sich zu 90–95 % sicher, dass Ad Mol derjenige auf dem Foto war. Die Polizei sagte später, sie habe den Hinweis ernsthaft untersucht, die Ermittlungen wurden jedoch in diese Richtung nicht wieder aufgenommen. Ad Mol bestritt, die Person auf dem Foto zu sein. Bisher konnte die Identität des Mannes auf dem Foto nicht festgestellt werden.

Die Theorien 

1. Theorie "Freiwilliges Verschwinden"

Hat Germa van den Boom freiwillig ihr gewohntes Lebensumfeld verlassen?

Das hat damals zunächst die Polizei geglaubt. Da in der Gemeinde bereits zwei andere Jugendliche von zu Hause weggelaufen sind, gingen die Ermittler ebenfalls davon aus, dass Germa weggelaufen ist. Dies konnte später aber widerlegt werden und die Polizei musste ihre erste Vermutung revidieren. Natürlich ist dadurch viel Zeit verloren gegangen.

2. Theorie "Verbrechen"

Wurde Germa van den Boom Opfer eines Verbrechens?

Die niederländischen Strafverfolgungsbehörden gehen mittlerweile davon aus, dass Germa Opfer eines Verbrechens geworden ist. Im und am Haus der van den Boom in Nieuwendijk wurden kurz nach dem Verschwinden von Germa eine Vielzahl von Spuren und Auffälligkeiten gefunden, die ganz klar auf diese Theorie hindeuten. Obwohl die niederländischen Strafverfolgungsbehörden umfangreiche Ermittlungen durchführten, konnten weder die Leiche von Germa noch ihr Mörder gefunden werden. Alle Ermittlungen verliefen irgendwann im Sande.

Die Nachwirkungen 

Die Familie van den Boom hofft immer noch auf eine Aufklärung des Falls. Sie möchten endlich Klarheit, was genau mit Germa passiert ist und wer dafür verantwortlich gewesen ist.

Die Ermittler sind sich sicher, dass es Personen gibt, die mehr über das Verschwinden von Germa van den Boom wissen. Nun wäre es an der Zeit, das Schweigen zu brechen und das Richtige zu tun. Die Personen, die über wichtige Informationen verfügen, sollen sich in die Lage der Familie van den Boom versetzen, die seit fast vier Jahrzehnten in quälender Ungewissheit leben. 

Es ist nie zu spät, das Richtige zu tun.

Aktuelle Einstufung des Falls 

Germa van den Boom wurde als gefährdete und vermisste Person eingestuft. Auch das Verschwinden von Germa wurde als Tötungsdelikt eingestuft. Germa ist immer noch als vermisste Person bei der Polizei gelistet. Der Fall ist ein Missing Cold Case und aktuell wird nicht aktiv in dem Fall ermittelt. Um neue Ermittlungen anzustoßen, ist die Polizei auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen.

Fragen der Ermittler:
  1. Wer hat in den frühen Morgenstunden des 29. Juli 1984 am Haus der Familie van den Boom am Dwarssteeg 7 in Nieuwendijk eine verdächtige Person oder ein verdächtiges Fahrzeug wahrgenommen?
  2. Wer kannte Germa van den Boom und hat noch nicht mit der Polizei gesprochen?
  3. Wer kann den Mann auf dem Foto identifizieren?
  4. Wer hat Germa van den Boom am 29. Juli 1984 nach 2.15 Uhr noch einmal gesehen?
  5. Wer hat einige Tage vor dem Verschwinden von Germa eine verdächtige Person im Garten oder am Haus der Familie van den Boom wahrgenommen?
  6. Wer weiß, wer für das Verschwinden von Germa van den Boom verantwortlich gewesen sein könnte?
  7. Wer kennt die genauen Umstände und Hintergründe ihres Verschwindens?
  8. Wer hat andere Beobachtungen gemacht, die mit dem Verschwinden von Germa van den Boom in Zusammenhang stehen könnten?
  9. Wer hat Gerüchte über das Verschwinden von Germa van den Boom gehört?
  10. Wer hat sonstige Informationen zu diesem Fall?


Wenn Sie Hinweise zum Aufenthaltsort dieser vermissten Person haben, wenden Sie sich bitte an die Polizei unter der Rufnummer 0800-6070.  Wenn Sie von außerhalb der Niederlande anrufen möchten, dann wählen Sie bitte die Rufnummer +31 79 3459 876.

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