COLD CASE DER WOCHE: Der Tod von Patryk Palczyńskiego (2010)

Der Tod von Patryk Palczyńskiego

Was ist mit Patryk Palczyńskiego passiert?


Ich habe mich diese Woche leider etwas mit dem neuen Beitrag für den "Cold Case der Woche" verspätet. Es kamen immer wieder neue Punkte hinzu, die ich nicht verschweigen konnte und wollte, deshalb zog sich das alles in die Länge.
Im heutigen Beitrag geht es um einen polnischen Cold Case. Ich bezeichne diesen Fall als Cold Case, obwohl die polnischen Behörden diesen Fall nicht einmal als Kriminalfall einstufen und für sie die Sache abgeschlossen ist. So sicher, wie sich die polnischen Behörden sind, bin ich mir aber nicht. Da meine Familie mütterlicherseits aus Gdynia stammt, habe ich damals viel über den Fall gehört und mich nun Jahre später erneut mit dem Fall befasst, da ich auch Kontakt zu den Angehörigen habe.

Jeder soll sich seine Meinung bilden und ich bin gespannt, was ihr von dem Fall haltet und wie ihr die Sache einordnet. Dieser Fall stammt aus dem Jahr 2010 und ereignete sich in Gdynia [Anm. Deutsch Gdingen], in der Woiwodschaft Pommern, Polen.

Der Tod von Patryk Palczyńskiego und die genauen Umstände sind seit 2010 ungeklärt.
Foto: Google

Der Fall Patryk Palczyńskiego

Patryk [Anm. Deutsch Patrick] Palczyńskiego wurde am 3. Juni 1986 als Sohn von Julitta Palczyńska und Bogusław Palczyńskiego in Polen geboren. Die Familie Palczyńskiego lebt in Gdynia, in der Woiwodschaft Pommern, Polen. [Anm. Gdynia ist eine Hafenstadt in Polen. Sie liegt in der Danziger Bucht. Sie bildet in der Woiwodschaft Pommern mit dem größeren Danzig (Gdańsk) und dem kleinen Sopot (Zoppot) die Metropolregion Dreistadt (Trójmiasto). Gdynia hat 250.000 Einwohnern und ist auf dem zwölften Rang der größten Städte Polens. Sie ist das Hauptquartier der Kriegsmarine der Republik Polen und besitzt mit der Kriegsmarineakademie Akademia Marynarki Wojennej und der zivilen Seefahrt-Akademie Gdynia zwei Hochschulen für Nautik.]

Patryk Palczyńskiego lebte bis zu seinem Tod mit seiner Familie in Gdynia, in der Woiwodschaft Pommern, Polen.
Foto: Google Maps

Familie mit Segeltradition

Patryk Palczyńskiego war Einzelkind und seine Familie war der Seefahrt seit vielen Jahrzehnten eng verbunden. Patryk Palczyński stammte aus einer Familie mit Segeltradition. Seine Großeltern segelten und auch seine Eltern, Julitta und Bogusław, sind immer gesegelt und haben Patryk immer auf ihre Yachten und Reisen mitgenommen.

Julitta Palczyńska und Bogusław Palczyńskiego brachten Patryk alles rund um das Segeln bei.
Foto: Faktpl

Patryk selbst erlebte seine erste Reise im Alter von vier Jahren. Seine Familie brachte Patryk alles rund um das Meer und Segeln bei. Bereits als Teenager nahm er an Segelwettbewerben und Camps teil. Patryk liebte die Seefahrt und war dem Meer sehr verbunden.

Studium an der Schifffahrtsakademie für Navigation 

Als sich seine Eltern scheiden ließen, war er bereits ein selbständiger Seemann. Er bereiste ohne seine Eltern mit seinem Boot die Welt. Seine Familie war sehr stolz auf ihn und sie unterstützten alle seine Ambitionen. Nach dem Abitur wechselte er zur Schifffahrtsakademie für Navigation in Gdynia. Die Universität hat einen sehr guten Ruf. Als sich aber herausstellte, dass es keine Spezialisierung in Bezug auf Segelschiffe geben würde, brach er sein Studium ab und beschloss, seinen Lebensunterhalt als Decksoffizier auf Luxusyachten zu verdienen. Obwohl er sein Studium nicht beendete, begann er professionell zu segeln und segelte über den Indischen Ozean.



Zunächst machte Patryk ein Studium an der Schifffahrtsakademie für Navigation in Gdynia.
Dies brach er aber wieder ab.
Foto: Wikipedia

Arbeit auf exklusiven Segelschiffen

Im Jahr 2007 hat Patryk Palczyńskiego das Segeln zu einer Lebensart gemacht. Das erste Mal arbeitete er für einen Deutschen, der eine große Segelyacht besaß, die in Palma de Mallorca vor Anker lag. Diese Reise dauerte anderthalb Jahre. Im Juli 2009 kehrte er nach Polen zurück. Er kümmerte sich um die Reparatur von Yachten, nahm an Regatten teil oder traf sich mit Freunden. Im Herbst 2009 wollte er noch eine Reise machen, doch er wurde krank. Patryk Palczyńskiego hatte sich eine seltsame Krankheit eingefangen, wahrscheinlich aus Südamerika eingeschleppt. Sie wurde mit Antibiotika geheilt, aber es dauerte einen Monat, bis es ihm wieder besser ging. Wenn er nicht auf See war, lebte er bei seiner Mutter. 

Für Patryk Palczyńskiego zählte nur das Segeln.
Foto: Privat

Reise in die Karibik

Dann machte er seine zweite Reise. Die zweite Reise war kürzer, nur ein paar Monate durch die Karibik. Er war Mitglied der Besatzung einer großen Yacht, die einem wohlhabenden Polen gehörte. Die Yacht wurde vom Pazifik nach Europa gebracht. 
Nachdem die Besatzung einen Teil der Aufgaben erledigt hatte, blieben sie mehrere Monate in der Karibik. Patryk Palczyńskiego nahm dort an einer Regatta, um seine Fähigkeiten zu verbessern.
Dann kehrte er in die Dreistadt zurück und begann ein Sportstudium an der Universität für Sport, das er schließlich wieder aufgab. Der Grund für den Abbruch des Studiums war, dass er Mitglied einer Crew wurde, die ein Schiff vom Pazifik nach Europa bringen sollte.

Die Reise in die Karibik hat Patryk verändert.
Foto: Privat

Reisepläne verschwiegen

Im Jahr 2010 plante er seine dritte Reise, die Anfang Juni starten sollte. Für einen Monat Arbeit auf den Yachten erhielt er etwa 1.500 €. In Deutschland hört sich das nicht viel an, aber in Polen ist das schon ein sehr gutes Einkommen. Ein Euro sind vier Zloty. Und die Kosten für den Lebensunterhalt sind in Polen viel geringer als in Deutschland. Und während Patryk auf den Yachten arbeitete, waren Kost und Logis über das vereinbarte Maß hinaus zur Verfügung gestellt worden. Seiner Mutter erzählte er zunächst nichts Konkretes über diese Reise. Fast bis zum letzten Tag erzählte er nichts von der Abreise. Irgendetwas Cooles ist im Gange, das war alles, was er damals gesagt hat. Erst Ende Mai 2010 teilte Patryk seiner Mutter mit, dass er bald auf eine Kreuzfahrt gehen werde. Den Ort der Reise wollte er nicht verraten, damit alles auf der Reise gut läuft. Er war in solchen Dingen ein bisschen abergläubisch. 

Die Reise sollte bereits am 2. Juni 2010 starten. Am Morgen des 2. Juni 2010 saß er am Computer, überprüfte etwas und schrieb jemandem eine E-Mail. Sobald seine Mutter den Raum betrat, deckte er den Bildschirm ab oder schaltete den Computer aus. Er verließ an diesem Tag mehrmals das Haus, kam immer wieder und setzte sich wieder an den Computer. Seine Mutter fragte ihn, wann er abreisen würde. Patryk sagte zunächst, dass er um 13.00 Uhr abfahren werde. Er sagte, dass er um 15.00 Uhr abfahren wollte, dann sollte die Reise doch erst am Abend beginnen. Als Julitta Palczyńska nach Details fragte, versprach er, ihr eine SMS zu schicken und dann würde sie alle Details erfahren. Um 20.00 Uhr fing er dann endlich an, seine Sachen zu packen. Für Julitta Palczyńska war das Verhalten ihres Sohnes seltsam, denn sonst packte er schon immer einen Tag vor der Abfahrt seine Sachen. Rückblickend sah es für seine Mutter so aus, als würde Patryk das alles vor sich her schieben.

Patryk Palczyńskiego saß am Tag seiner Abreise mehrere Stunden am Computer und machte den Computer sofort aus, wenn seine Mutter sein Zimmer betrat. Vor der Reise hat Patryk alles auf seinem Computer gelöscht. Dieses Bild ist das letzte Foto von Patryk, das vor seinem Tod gemacht wurde.
Foto: Privat

Am späten Abend war bereits alles gepackt. Er nahm nur seinen Rucksack und seine Segeltuchtasche mit einer gestickten Karte der Karibik mit. Er nahm auch wenig Kleidung mit, denn auf der Jacht sollte er Matrosenkleidung bekommen. Diese Uniform sollte die ganze Mannschaft erhalten. Er hatte seine Dokumente eingepackt, etwas Geld eingesteckt [Anm. Er nahm nur 50 Dollar mit] und seine Mutter gab ihm für die Reise noch Sandwiches und Obst mit. 
Seine Mutter machte noch am Computer ein Foto von ihm. Es war das letzte Foto von Patryk, wie sich später noch herausstellen würde. Er war überrascht, denn vor den früheren Reisen hatte sie ihn nicht fotografiert. Sie wollte ein Andenken von ihm, da sie Patryk einige Wochen nicht sehen würde. 

Besuch im Restaurant

Bevor Patryk an Bord ging, lud ihn seine Mutter zu einem gemeinsamen Abendessen ein. Sie gingen nach 20.00 Uhr in ein schönes Restaurant. Patryk hatte nämlich am nächsten Tag, dem 3. Juni 2010 seinen 24. Geburtstag. Nach 23.00 Uhr brachte Julitta Palczyńska ihren Sohn mit dem Auto zum Bahnhof in Gdynia. Patryk erzählte, dass er die Leute von der Besatzung am Bahnhof in Gdynia treffen werde. Die Fahrt im Auto dauerte eine halbe Stunde. Dort sah sie ihn zum letzten Mal. Patryk
sagte seiner Mutter, dass sie an der Ecke Śląska- und Podjazd-Straße anhalten solle. 

Patryk ließ sich nicht am Bahnhof absetzen, sondern ein gutes Stück vor dem Bahnhof an der Podjazd Straße.
Foto: Google Maps


Hier wurde Patryk von seiner Mutter abgesetzt.
Foto: Google Maps

Er sagte, dass er von dort aus alleine weitergehen möchte. 
Seine Handydaten sollten jedoch später zeigen, dass er nicht in den Zug eingestiegen ist, sondern [wahrscheinlich mit dem Taxi] einen Kilometer entfernt, in der Nähe des Kosciuszko-Platzes, gefahren ist.

Patryk traf sich nicht mit der Besatzung des Schiffes am Bahnhof, sondern er fuhr vermutlich mit dem Taxi zum Kosciuszko-Platz in Gdynia.
Foto: Google Maps

Der Kosciuszko-Platz befindet sich in der Nähe des Hafens von Gdynia. Niemand hat Patryk dort gesehen.
Foto: Google Maps

Die letzte SMS

Einige Minuten später, um genau 23.56 Uhr schickte Patryk seiner Mutter die letzte SMS: 

Okay, ich reise bald ab. Ich muss das Telefon nun ausschalten. Alles gut und pass auf dich auf. Liebe Grüße und Kopf hoch.“

Dann schaltete er sein Handy aus. Und danach herrschte Stille. Geburtstagswünsche seiner Mutter, die nur wenige Minuten später verschickt wurden, erhielt er nicht mehr. Am nächsten Tag hatte Julitta ein Problem mit ihrem Telefon. Sie erhielt keine Bestätigung, dass ihre Nachricht auch zugestellt worden war, also schrieb sie ihrem Sohn erneut eine SMS. Und wieder erhielt sie keinen Zustellbericht. Sie kannte sich nicht gut mit Mobiltelefonen aus und glaubte, dass ihr Telefon wahrscheinlich kaputt wäre. Nach ein paar Tagen brachte sie ihr Telefon zur Reparatur, doch ihr Telefon war nicht kaputt. Dann wurde ihr bewusst, 
 dass keine der Nachrichten den Empfänger erreicht hatte. 

Mutter hatte Angst und machte sich Sorgen

Nach drei Tagen ohne ein Lebenszeichen von Patryk, bekam Julitta Palczyńska Angst und machte sich Sorgen. Patryk schickte sonst immer regelmäßig Nachrichten von seinen Reisen. Er rief an, schrieb Mails oder verschickte über sein Handy Nachrichten und auf einmal meldete er sich überhaupt nicht mehr. Da stimmte doch etwas nicht. Sie fragte die Freunde von Patryk, ob sie etwas wüssten, aber sie wussten nichts. Eines der Mädchen behauptete, dass er während der Mai-Regatta in Gdynia kennengelernt hatte, dass Patryk ihr anvertraut habe, dass er plane, mit einer Yacht nach Amsterdam zu reisen. Einer anderen Person hat Patryk erzählt, dass er wieder in die Karibik reisen würde. Seine Mutter sagte, dass es für sie heute so aussieht, als hätte er absichtlich verschiedene Richtungen eingschlagen, um seine Spuren zu verwischen.

Patryk war nicht mehr erreichbar.
Foto: Privat

Bei der Polizei als vermisst gemeldet

Drei Wochen später meldete Julitta Palczyńska ihren Sohn schließlich bei der Polizei als vermisst. Sie hielt es nicht mehr aus, nur auf Nachrichten von Patryk zu warten. Julitta Palczyńska spürte, dass man sie bei der Polizei als überempfindliche Mutter ansah. Der Untersuchungsleiter der Polizeibehörde der Stadt Gdynia schlug vor, dass Patryk vor ihr weggelaufen wäre, weil sie ihn einfach bedrängen und in sein Leben einmischen würde. Man sagte ihr, dass der Junge erwachsen sei und er den Sommer einfach um die Welt reisen wollte, oder er vielleicht auch jemanden kennengelernt habe und sie wahrscheinlich nicht alles über ihren Sohn wissen würde. [Anm. Das sind leider die typischen Antworten von Polizeibeamten, die man als Angehörige bei Vermisstenfällen immer wieder zu hören bekommt.]

Die Entdeckung

Am 14. Juli 2010 bemerkte die Besatzung eines Fischerbootes 7 km von der Danziger Hafeneinfahrt entfernt einen im Wasser treibenden Gegenstand. Aus der Nähe stellte sich heraus, dass es sich um einen menschlichen Körper handelte. Sie riefen die Polizei. Die Leiche wurde von der Wasserschutzpolizei geborgen und an Land gebracht.

Der Leichenfundort befand sich 7 Kilometer vor der Danziger Hafeneinfahrt.
Foto: Google Maps

Ermittler nehmen Arbeit auf

Die Ermittler der Kriminalpolizei schauten sich die Leiche bereits am Hafen an, um erste Erkenntnisse über die Leiche zu erhalten.
Die Ermittler stellten anhand der Kleidung fest, dass es sich bei der Leiche höchstwahrscheinlich um einen Mann handelte. Sie glichen die aktuellen Vermisstenfälle mit der Kleidung des noch unbekannten Toten [John Doe] ab und stießen schnell auf den Vermisstenfall Patryk Palczyńskiego aus Gdynia.

Mutter wurde Kleidung gezeigt

Julitta Palczyńska wurde die Kleidung der im Wasser gefundenen Leiche gezeigt. Sie erkannte die Sachen ihres Sohnes bis auf eine Kleinigkeit wieder. Um den Hals von John Doe wurde ein Anhänger mit einer Schildkröte entdeckt. Patryk hatte noch nie so eine Kette mit so einem Anhänger getragen. Die Leiche wurde der Mutter aber nicht gezeigt, da sich der Körper in einem Zustand fortgeschrittener Verwesung befand. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Identität von Patryk noch nicht offiziell bestätigt werden, denn es sollte noch ein DNA-Test durchgeführt werden. Die Ergebnisse des DNA-Tests wurden geduldig erwartet.

Die ersten Ermittlungen

In der ersten Phase der Untersuchung war die Version der Strafverfolgungsbehörden, dass das Opfer überhaupt nicht Patryk Palczyńskiego war, sondern eine noch unbekannter Mann, der nur die Kleidung von Patryk trug. Sie glaubten tatsächlich, dass Patryk vermutlich an der Tötung von John Doe beteiligt war und dann untergetaucht ist. Ich möchte es noch einmal unterstreichen, dass die Strafverfolgungsbehörden glauben, dass der Tote Opfer eines Verbrechens geworden ist [und Patryk an dem Mord beteiligt war]. Ein Suizid oder Unfall wurde ausgeschlossen.

Ermittlungen nur schleppend durchgeführt

Nach Angaben der Mutter wurden die Ermittlungen nur schleppend durchgeführt. Der Polizeibeamte des Provinzhauptquartiers, der diesen Fall bearbeitete, ging in einen vorgeplanten Urlaub. Julitta Palczyńska protestierte und der Polizeibeamte erklärte ihr, dass er vorerst sowieso nicht vorankommen werde und er seinen Urlaub verdient habe. Auch bei der Staatsanwaltschaft war Urlaubszeit. Und solange die Ergebnisse des DNA-Tests noch nicht da sind, könnten laut Staatsanwaltschaft sowieso keine weiteren Maßnahmen eingeleitet werden.

Die Identifizierung

Drei Wochen nach dem Fund der Leiche vor Danzig, waren dann auch endlich die Ergebnisse des DNA-Tests da. Am 6. August 2010 wurde offiziell von der Polizei bestätigt, dass es sich bei dem Toten zweifelsfrei um den vermissten 24-jährigen Patryk Palczyńskiego aus Gdynia handelte. Seine Eltern wurden seitens der Strafverfolgungsbehörden nicht benachrichtigt. Seine Mutter suchte währenddessen weiter nach ihrem vermissten Sohn und hing Plakate über das Verschwinden von Patryk auf der Straße auf. Plötzlich kam ein Mann auf Julitta Palczyńska zu und sagte, dass es in der Zeitung Informationen gab, dass es sich bei der in der Ostsee gefundenen Leiche um Patryk handelte und dies durch einen DNA-Test bestätigt wurde. Julitta Palczyńska war natürlich schockiert und konnte es nicht glauben, dass die Behörden sie nicht benachrichtigt hatten. Dieses unprofessionelle Verhalten und das Desinteresse der Behörden, an der Aufklärung der genauen Umstände von Patryks Tod, sollten sich wie ein roter Faden durch die gesamte Untersuchung ziehen. 

Die Autopsie

Bei der Autopsie wurde festgestellt, dass die Hände des Toten mit Seilen gefesselt und zwei Betonplatten mit orangefarbenen Gurtbändern an seinem Körper befestigt waren. In der Kleidung wurde die Geldbörse des Opfers gefunden. Es waren noch 20 Dollar drin. Es fehlten jedoch die Dokumente. Die genaue Todesursache war Ertrinken war. Patryk stand vor seinem Tod nicht unter dem Einfluss von Drogen, und es gab keine Anzeichen für einen Kampf oder Angriff auf seinen Körper durch die Handlungen Dritter. Der Rechtsmediziner stellte fest, dass Patryk wahrscheinlich seit seiner letzten Mahlzeit im Restaurant nichts mehr gegessen hatte.
Auf dem Seil, mit dem die Hände von Patryk gefesselt waren, wurden biologische Spuren von zwei Personen gefunden. Fest steht auch, dass diese zwei unbekannte Spurenverursacher Männer waren. Dies konnte anhand des Gleichgewichts zwischen den X- und Y-Chromosomen bestimmt werden.

Verschwendete Zeit

Kriminologen sagen immer wieder, dass die wichtigsten Schritte einer Ermittlung die ersten Aktivitäten sind, die innerhalb von mehreren Stunden nach dem Ereignis durchgeführt werden. Es sind die heißen Beweise und Spuren von Verbrechen, die helfen, die Wahrheit herauszufinden und die Täter zu fassen. Alles, was danach passiert, ist nur ein Wettlauf gegen die Zeit, den man häufig verliert.

Die Ermittlungen 

Tatsächlich wurden erst ab dem 6. August 2010 [9 Wochen nachdem Patryk verschwunden ist, 6 Wochen nachdem er als vermisst gemeldet wurde und 3 Wochen nachdem die Leiche entdeckt wurde] die Ermittlungen richtig aufgenommen. Rechtsanwalt Janusz Kaczmarek [ehemaliger Staatsanwalt und Innenminister] setzte die Ermittler unter Druck. Er wurde von Julitta Palczyńska beauftragt, sich um ihre Interessen zu kümmern. Er stellte Beweisanträge, forderte die Überprüfung konkreter Anhaltspunkte, z.B. ob die Taue und Gurtbänder, mit denen die Leiche fest geschnürt wurde, auch auf DNA-Spuren untersucht wurden. Er fragte auch nach, ob diese Taue von einem Segelschiff oder vielleicht von einem Fischkutter stammen könnten. Zudem kontaktierte er auch Reedereien und die Büros der Hafenmeister nicht nur in Gdynia und Danzig, sondern auch in Jastarnia, Władysławowo, Jurata, Hel und Łeba, um Informationen über dort vom 31. Mai bis 5. Juni 2010 festgemachte Yachten zu erhalten.

Zu viele unbeantwortete Fragen

Es gab und gibt viele Fragen. Es wurde festgestellt, dass eine Person, die in Besitz von Patryk Palczyńskiegos Dokumenten war, am Tag der Abreise, dem Rathaus in Gdynia eine vorübergehende Abmeldung vom ständigen Wohnsitz für zwei Jahre gemeldet hat. Als Grund nannte die Person eine Reise nach Neuseeland. Ob das Formular tatsächlich von Patryk Palczyński ausgefüllt und unterschrieben wurde, hat der Graphologe noch nicht geprüft, aber Staatsanwalt Szostak hat keinen Zweifel daran, dass Patryk persönlich den Antrag auf Abmeldung gestellt hat. Es ist jedoch nicht bekannt, ob er es freiwillig tat oder von jemandem gezwungen wurde. Ich möchte aber erwähnen, dass Patryk vor einer Reise sich immer am Rathaus abmeldete.

Das Problem war auch, dass kein Zeuge Patryk Palczyński gesehen hat, nachdem er den Bahnhof in Gdynia verlassen hatte. Leider gab es keine Aufzeichnungen einer Überwachungskamera von Patryk, da die Strafverfolgungsbehörden die Aufnahmen einfach viel zu spät angefordert haben. Mittlerweile waren die Aufnahmen bereits wieder überschrieben. Auch woher der Schildkröten-Anhänger stammte, der am Hals von Patryk gefunden wurde und den er zuvor noch nie getragen hatte, ist bis heute unklar. Auf dem Anhänger wurde jedoch ein Fingerabdruck einer unbekannten Person gefunden und sichergestellt.

Diesen Schildkröten-Anhänger trug Patryk um den Hals. Diesen Anhänger hatte die Familie von Patryk zuvor noch nie gesehen.
Foto: Polizei

Strafverfolgungsbehörden änderten Meinung

Obwohl die Strafverfolgungsbehörden zunächst von einem Verbrechen ausgingen, änderten sie einige Monate später ihre Meinung wieder. Die Staatsanwaltschaft gab nun offiziell bekannt, dass Patryk Palczyński Suizid begangen hat.

Laut dem Psychologen, der die Staatsanwaltschaft unterstützte, glaubte Patryk auf magische Weise an die Kraft des Anhängers in Form einer Schildkröte. Solches Denken ist spezifisch im Fall von Selbstmorden und deshalb hat Patryk sich das Leben genommen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ging Patryk vom Bahnhof zum Kościuszko-Platz, band dort seinen Körper mit Pflastersteinen zusammen, fesselte seine Hände und sprang ins Meer. Anwalt Janusz Kaczmarek, der die Familie von Patryk in diesem Fall unterstützt, konnte den Schlussfolgerungen der Staatsanwaltschaft nicht folgen. Auch die Familie von Patryk schloss einen Suizid vehement aus und forderte einen neuen Gutachter. Trotz Druck der Familie und Kaczmareks schloss sich die Staatsanwaltschaft dem Gutachten des zweiten Fachpsychologen nicht an. Für die Staatsanwaltschaft war die Sache damit beendet.

Das Experiment

Ein Experiment zeigte, dass man an sich selbst jeweils 23 Kilogramm schwere Steinplatten befestigen kann, denn Körper mit Seilen und Gztzen verschnüren kann, seine Hände fesseln kann und anschließend ins Wasser springen kann. Das Problem ist nur, dass vor der Autopsie die Knoten durchtrennt wurden, sodass nicht genau bekannt war, wie genau der Vermisste gefesselt war. Auch woher die beiden Fragmente der jeweils 23 Kilogramm schweren Gehwegplatte stammten, konnten die Ermittler bis zum Ende der Ermittlungen nicht klären. Sie glaubten aber, dass sie vielleicht vom Kościuszko-Platz stammen, der damals saniert wurde. Die Platten sollten den Körper beschweren, aber die Staatsanwaltschaft glaubt, dass sie sich nach dem Einweichen im Wasser in Bimsstein verwandelten, weshalb sie wie eine Boje wirkten. Es ist jedoch nicht bekannt, wie die Leiche aus Gdynia von der Strömung 14 Kilometer weit weggetragen worden sein könnte.

Anwalt und Mutter machten eigene Nachforschungen

Der Anwalt und die Mutter fanden heraus, dass Patryk wohl nicht am selben Abend starb. In der Schlussfolgerung der Staatsanwaltschaft starb Patryk kurz nachdem seine Mutter ihn abgesetzt hatte. Anwalt und Mutter sehen das aber anders, denn Patryk hatte den genauen Todeszeitpunkt an seinem Handgelenk. Patryk trug eine Uhr am Handgelenk, die die Polizei laut den Dokumenten nicht gründlich überprüft hatte. Es stellte sich heraus, dass Patryk vor seinem Tod irgendwo festgehalten worden sein musste.

Julitta Palczyńska glaubt nicht an die Schlussfolgerungen der Staatsanwaltschaft .
Foto: Google

Woher kommen diese Schlussfolgerungen?

Patryk trug eine ungewöhnliche Uhr mit vielen verschiedenen Funktionen, von denen die Polizisten nichts wussten. Nachdem die Fachleute [die vom Anwalt der Familie beauftragt wurden] sie analysiert hatten, stellte sich heraus, dass die Uhr von Patryk mindestens drei bis fünf Tage nachdem die Mutter ihn abgesetzt hatte, noch an einem anderen Ort eingeloggt war. Auch auf einer der Websites [nach einigen Jahren verschwand sie leider aus dem Netz] gab es Spuren, dass Patryk dort eingeloggt und online war. Dort war er mindestens noch drei Tage aktiv, nachdem seine Mutter ihn das letzte Mal lebend gesehen hat.

Wo hat sich die Uhr angemeldet?

Es ist nicht genau klar. Es war aber in der Nähe des Yachtpools. Der letzte Login war in der Nähe von Sea Towers in Gdynia. Anwalt und Mutter glauben, dass Patryk höchstwahrscheinlich irgendwo in einer Garage oder einem Keller festgehalten wurde. Es gibt noch ein weiteres Problem, das die Ermittler nicht angesprochen haben. Der Sohn verließ nachts das Haus mit einem 50 Dollar-Schein. Bei seiner Leiche wurden aber nur 20 Dollar gefunden. Wo hat er die fehlenden 30 Dollar ausgegeben? Oder wo hat er sie gewechselt?

Ich habe die wichtigsten Punkte zur Orientierung markiert.
Foto: Google Maps


Die Uhr von Patryk hat sich einmal im Bereich des Yachthafens und dann im Bereich der Sea Tower in Gdynia eingeloggt.
Foto: Google Maps

In Polen zahlt man in der Regel nicht mit Dollar. Er muss dann 30 Dollar irgendwo gewechselt haben. Auch Euros wechselt man in Polen. Die Polizei hat sich für die Sache mit dem Geld nicht gekümmert. Es wurden keine Wechselstuben überprüft. Aber fest steht, dass Patryk bei seiner Auffindung weniger Geld bei sich hatte, als er von zu Hause mitgenommen hatte.

Das Problem mit dem Kosciuszko-Platz

Dann gibt es auch noch ein Problem bezüglich des Kosciuszko-Platzes, denn die Polizei hat keinen einzigen Zeugen gefunden, der Patryk dort gesehen hat. Und der Kosciuszko-Platz war im Juni 2010 auch um Mitternacht, kein verlassener Ort.
Und Überwachungsdaten wurden zu spät angefordert, deshalb waren keine Aufzeichnungen dieser Nacht verfügbar. 

Problem mit den Steinplatten vom Kosciuszko-Platz

Und auch die Schlussfolgerung der Staatsanwaltschaft mit den Steinplatten vom Kościuszko-Platz, die Patryk angeblich benutzt hat, um seinen Körper zu beschweren, kann nicht stimmen. Es gab damals keine solchen Platten auf dem Kościuszko-Platz. Und es wurde kein einziger Zeuge gefunden, der gesehen hat, wie ein junger Mann zwei schwere Pflastersteine je 23 Kilogramm, ​​den ganzen Weg bis zum Ozeanarium schleppte.

Anwalt beantragte die Kontrolle des Mageninhaltes

Wie ich schon erwähnt habe, zeigten die Ergebnisse der Autopsie, dass Patricks Todesursache Ertrinken war. Und dass, er wahrscheinlich seit seiner letzten Mahlzeit im Restaurant nichts mehr gegessen hatte.
Der Anwalt habe dann eine Kontrolle des Mageninhalts beantragt, doch die Abteilung für Rechtsmedizin hat dies nicht berücksichtigt. Da die Mutter weiß, was Patryk gegessen hatte, hätte dies wichtige Erkenntnisse liefern können.

Falls geschlossen und Ermittlungen eingestellt?

Der Anwalt von der Familie hat neue Beweise an die Staatsanwaltschaft geschickt, aber sie wurden alle mit der Begründung abgewiesen, dass der Fall abgeschlossen ist. Viele Fehler wurden nach der Entdeckung der Leiche von Patryk gemacht. Der Film in der Kamera des Polizeifotografen war zu Ende, also wurden keine Fotos von den gefesselten Händen der Leiche gemacht. Als der Fotograf den Film gewechselt und mit der Kamera zurückkam, hatte der Experte die Knoten bereits durchtrennt. Auch die Staatsanwältin schaute die Knoten nicht genau an, weil sie den Anblick als unangenehm empfand und die Leiche nur aus der Ferne beobachtete. Und dann war da noch ein anderer Experte, der meinte, das Patryk sich selbst die Hände hätte fesseln können. Nur ist nicht bekannt, mit welchen Knoten die Hände von Patryk gefesselt waren. Und das alleine ist schon ein Skandal, wie die Untersuchung geführt wurde.

Nur ein Versuchsexperiment

Man kann das jetzt leider nicht mehr nachvollziehen, wie die Knoten gemacht wurden, da die Knoten durchtrennt wurden. Die Staatsanwaltschaft hat später mehrere Möglichkeiten versucht, wie die Knoten möglicherweise ausgesehen haben. Es war aber kein Beweis, sondern nur ein Versuchsexperiment.
Jedenfalls wurde derselbe Knotenexperte, wie eine Person, die Patryk kannte, von der Staatsanwaltschaft als Zeuge vorgeladen. Gegen alle Regeln. Die Kombination der Funktionen eines Sachverständigen mit einem Zeugen ist rechtswidrig. Wie ich bereits erwähnt habe, wurde ein Fingerabdruck und Fremd-DNA auf den Gurten und Seilen gefunden wurden, mit denen er gefesselt war. Es stellte sich heraus, das insgesamt drei unbekannte DNA-Spuren sichergestellt wurden. Eine DNA-Spur wurde von einem Polizisten verursacht, die zwei anderen Spuren wurden von zwei unbekannten Personen verursacht. Das die Polizei schlampig
gearbeitet hat, sollte verschwiegen werden, deshalb wurden eigentlich immer nur DNA-Spuren genannt, die von zwei unbekannten Männern verursacht wurden. Die Strafverfolgungsbehörde sagte, dass es schon mal vorkommen kann, dass Beweise oder Spuren durch Polizisten oder Kriminaltechniker verunreinigt werden. 

Die Theorien

Ich möchte kurz auf die Theorien eingehen, die bis heute immer wieder diskutiert werden.

1. Theorie "Suizid"

Hat Patryk Palczyńskiego Suizid begangen?

Davon geht zumindest die Staatsanwaltschaft aus. Für sie ist der Fall auch abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass Patryk sich zum Selbstmord entschloss, weil er die Seiten auf dem Computer gelöscht hat. Das mit dem Computer stammt tatsächlich, aber nur weil jemand Seiten auf dem Computer löscht, spricht das doch nicht gleich für einen Suizid.

Eine Woche nachdem seine Mutter Patryk nicht mehr erreichen konnte, brachte sie den Computer zum Computerspezialisten. Er bestätigte der Mutter, die Löschung aller Seiten. Die IT-Spezialisten der Polizei sahen später auch, dass die Fotos gelöscht wurden und schlossen daraus, dass Patryk nach dem Tod seines Großvaters traumatisiert war. 

Wurden Hinweise auf Suizidvorbereitungen gefunden?

Nein. Die Strafverfolgungsbehörden gaben nur an, dass die Suizidtheorie durch das Entfernen der Seiten im Computer und Patryks Haarschnitt [Anm. Patryk hatte sich vorher die Haare schneiden lassen. Seine Mutter gab an, dass Patryk vor einer Reise, immer zum Friseur ging.] belegt sei. Ein Freund von Patryk erinnerte sich an seine Worte, die er viele Jahre vor seinem Tod gesagt hat:

„Wenn ich sterben sollte, würde ich gerne im Meer sterben.“

Auch dies war für die Staatsanwaltschaft ein klares Zeichen, dass Patryk sich das Leben im Meer genommen hat.

Nach der Meinung der Mutter und des Anwalts ist das alles kein Beweis für Suizidplanung. Es sind zu viele Unklarheiten dabei. Auch ein psychologisches Gutachten wurde auf Wunsch der Ermittler erstellt. Es ging darum, den Weg des geringsten Widerstands zu gehen.

Die Staatsanwaltschaft argumentierte auch, dass Patryk sich wegen Herzschmerz oder anderen persönlichen Gründen umgebracht hat. Möglicherweise war er mit seinem Leben nicht zufrieden. Belege dafür gibt es aber nicht. Es sind nur Spekulationen.

Ein Experiment zeigte, dass es möglich wäre, sich die Steinplatten umzuhängen, sich mit Gurten und Seilen zu verschnüren, sich die Hände auf den Rücken zu fesseln und ins Meer zu springen. Man muss aber Anmerken, dass dieses Experiment nicht wirklich aussagekräftig ist, da man nicht weiß, wie genau die Knoten gebunden waren und dies ist eigentlich zwingend notwendig, um aussagekräftige und realistische Erkenntnisse zu erhalten.

2. Theorie "Verbrechen"

Wurde Patryk Opfer eines Verbrechen?

Daran glauben zumindest Julitta Palczyńska, ihr Anwalt und viele andere Personen. Die Staatsanwaltschaft schließt diese Theorie komplett aus, obwohl sie am Anfang der Ermittlungen den Tod von Patryk auch als Mord eingestuft hatte.

Wenn er tatsächlich ermordet wurde, dann stellt sich die Frage nach dem Motiv?

Fazit:

Ich persönlich glaube nicht an die Suizid-Theorie, aber komplett ausschließen kann und will ich es auch nicht.

Es steht außer Frage, dass Patryk sich vor seiner geplanten Reise verändert hat und Geheimnisse vor seiner Familie hatte. Das kann natürlich auf psychische Probleme hindeuten, aber es muss ja nicht gleichzeitig bedeuten, dass er auch Suizid begangen hat. Es gibt keine Belege, dass Patryk sich in einer psychischen Ausnahmesituation befand. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass Patryk etwas beschäftigt und er sich nicht richtig auf seine Reise freute. Patryk packte sonst seine Sachen für die Reise immer einen Tag vorher, aber dieses Mal packte er seine Tasche kurz vor der Abfahrt mit seiner Mutter zum Restaurant. Seine Mutter fand es auffällig und sie wunderte sich darüber, warum er seine Sachen nicht packte. Er verließ mehrmals das Haus. Bis heute ist unklar, wo er war, mit dem er sich getroffen hat oder was er in diesem Zeitraum genau gemacht hat. Die Staatsanwaltschaft hatte wohl kein Interesse, was Patryk wo seinem Tod genau gemacht hat und mit wem er sich getroffen hat. Das ist doch aber ein ganz wichtiger Punkt, um zu verstehen, wie Patryk vor seinem Tod drauf war. Und wenn er sich in diesem Zeitraum mit jemandem getroffen hat, dann hat sich diese Person weder bei der Polizei noch bei der Familie von Patryk gemeldet. 

Ich kann die Schlussfolgerungen der Staatsanwaltschaft, dass Patryk sich umgebracht hat, nicht ganz nachvollziehen.
Es gibt zumindest Indizien, die darauf hindeuten, dass die Schlussfolgerungen der Staatsanwaltschaft nicht richtig sind. 

Es deutet viel darauf hin, dass Patryk noch einige Tage gelebt hat, denn seine Uhr war noch Tage, nachdem Patryk von seiner Mutter abgesetzt wurde, an verschiedenen Orten in Gdynia eingeloggt. Er war auch auf Webseiten aktiv bzw. eingeloggt. Weder die Ermittler noch die Staatsanwaltschaft haben das mit der Uhr und den Örtlichkeiten näher überprüft. Ich stimme der Staatsanwaltschaft zu, dass Patryk sich tatsächlich im Rathaus abgemeldet hat. Ich bin fest davon überzeugt, dass er geplant hatte, diese Reise anzutreten, aber irgendwas oder irgendwer muss ihn daran gehindert haben.

Auch die Schlussfolgerungen mit dem Kosciuszko-Platz stehe ich kritisch gegenüber.
Warum hat niemand Patryk auf dem Kosciuszko-Platz gesehen? Dies ist auch in der Nacht ein belebter Platz, aber kein einziger Zeuge konnte gefunden werden, der Patryk gesehen hat. Dann wurde von der Staatsanwaltschaft behauptet, dass die Steinplatten, mit denen die Leiche von Patryk beschwert war, vom Kosciuszko-Platz stammen, da dort zum damaligen Zeitpunkt eine Baustelle war. Auch dies konnte seitens des Anwalts der Familie widerlegt werden, denn die Steinplatten an der Leiche wurden nicht am Kosciuszko-Platz verwendet. 

Die Sache mit dem Schildkröten-Anhänger kann ich auch nicht richtig nachvollziehen. Diese Schildkröte in Form eines Anhängers der soll laut Psychologe ein Beweis dafür sein, dass Patryk Suizid begangen hat, weil Patryk abergläubisch war und die Schildkröte als magisches Element angesehen hat. Für die Schildkröte gibt es viele Bedeutungen, wie zum Beispiel Sicherheit, Stärke, Kraft und Vertrauen. Und ich konnte nichts dazu finden, dass die Schildkröte als Symbol bevorzugt von Selbstmördern gewählt wird oder überhaupt mit dem Thema Suizid in Verbindung steht. 

Warum wurde der Mageninhalt nicht überprüft? Dieser Inhalt hätte definitiv noch wichtige Erkenntnisse liefern können, denn Patryk hat mit seiner Mutter im Restaurant gegessen und man hätte sehr gut nachvollziehen können, ob er danach noch etwas gegessen hat und möglicherweise auch was zum Todeszeitpunkt sagen können. Wäre schon die Mahlzeit verdaut worden, die er im Restaurant gegessen hat, könnte man den Todeszeitpunkt näher eingrenzen. Hätte David nach der Mahlzeit im Restaurant noch etwas gegessen, würde es wichtige Erkenntnisse über den Todeszeitpunkt liefern.

Natürlich könnte man sich so umbringen, wie die Staatsanwaltschaft gesagt hat, es wurde ja mit dem "Experiment"bewiesen, nur hat das Experiment im Fall Patryk keine Aussagekraft, da man nicht weiß, wie genau die Seile und Gurte an Patryk befestigt waren. Wie die Staatsanwaltschaft gearbeitet hat, scheint mir recht unprofessionell zu sein. Manche Personen glauben, dass die Art und Weise, wie Patryk sich umgebracht haben soll, sehr ungewöhnlich ist. Dem muss ich widersprechen, denn das ist gar nicht so ungewöhnlich. Mir ist auch ein Beispiel eingefallen, bei dem es Parallelen zu diesem Fall gibt. Ich denke an den Fall der Familie Schulze aus Drage. Der Vater hat sich einen großen Betonstein von einer Baustelle auf einer Brücke genommen, die über die Elbe führt und an sich festgebunden hat. Dann hat er seine Hände auf den Rücken gefesselt und ist von der Brücke in die Elbe gestürzt. 

Trotzdem bin ich mit der Suizid-Theorie nicht zufrieden. Am Anfang war ich mir total sicher, dass Patryk Opfer eines Verbrechens geworden ist. Je länger ich mich mit dem Fall beschäftige, umso unsicherer werde ich. Ich kann nur sagen, dass die Schlussfolgerungen der Staatsanwaltschaft nicht stimmen, das wurde mehrfach widerlegt. Das muss aber nicht zwingend heißen, dass man die Suizid-Theorie komplett ausschließen kann und Patryk einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. 
Was mich an der Sache mit dem Verbrechen stört, ist die Frage nach dem Motiv für so eine Tat. Was war das Motiv? 

Julitta Palczyńska glaubt, dass Patryk ermordet wurde. Patryk war zuvor ein halbes Jahr in der Karibik gewesen. Er hat alle möglichen seltsamen Dinge gesehen. Julitta Palczyńska glaubt, dass er etwas gesehen hat, das er nicht hätte sehen sollen. Er hörte etwas, was er nicht hätte hören sollen. Sie glaubt, dass er im Juni 2010 mit Menschen in Kontakt kam, mit denen er auf den zweiten Blick besser nichts zu tun haben sollte. Und er hat dafür mit seinem Leben bezahlt.

Gibt es Beweise für diese Möglichkeit?

Julitta Palczyńska weiß nicht, ob ihr Sohn nach seiner Rückkehr in die Karibik Kontakt zu den Menschen hatte, mit denen er in der Karibik war. Alles auf dem Computer wurde "gelöscht" und das Telefon von Patryk wurde nicht gefunden. Irgendetwas hat dazu geführt, dass nicht alle Leute, mit denen er während der vorherigen Reise Zeit verbracht hat, befragt wurden. Vielleicht war es zu viel Mühe, nach Warschau zu fahren, vielleicht gab es einen anderen Grund. Sie rechnet immer noch damit, dass es Zeugen geben wird, die es ihr ermöglichen werden, herauszufinden, was mit ihrem Sohn passiert ist und warum. Für Menschen, die bereit sind zu helfen, gibt es noch eine Belohnung, die von der Familie und Freunden von Patryk bereitgestellt wurde und weiterhin aktiv ist.

Kann Julitta Palczyńska den Tod von Patryk nicht akzeptieren?

Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass die Mutter von Patryk nicht akzeptieren kann, dass ihr Sohn dich getötet hat. Dem muss ich widersprechen, denn die Mutter würde es akzeptieren, wenn es nicht so viele widersprüchliche Punkte und unbeantwortete Fragen gibt. Zudem fühlt sie sich von den Strafverfolgungsbehörden nicht ernst genommen und glaubt, dass nicht sauber gearbeitet wurde. Und damit hat sie auch recht.

Die Beisetzung

An der Beerdigung von Patryk Palczyńskiego nahmen viele Menschen teil. Alle seine Freunde waren anwesend und nahmen Abschied von Patryk.

Die Beisetzung von Patryk Palczyńskiego.
Foto: Privat

Die Aufbahrung in der Kapelle.
Foto: Privat

Die Nachwirkungen

Julitta Palczyńska kämpft weiterhin darum, dass ihre Fragen beantwortet werden. Sie möchte, dass die Staatsanwaltschaft den Fall noch einmal aufrollt.

Heute hätte sie ihren Sohn an diesem schicksalhaften Mittwoch nicht auf diese "Reise" gelassen. Sie würde die Tür abschließen. Und dann würde sie mit ihm sprechen, um die Dinge zu klären. Aber würde es funktionieren? Sie weiß nicht.

Aktuelle Einstufung des Falls

Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen eingestellt. Sie halten weiterhin daran fest, dass Patryk Suizid begangen hat und der Fall somit abgeschlossen ist.

Julitta Palczyńska und ihr Anwalt suchen weiterhin nach Zeugen, um neue Ermittlungen anzustoßen.


Fragen an Zeugen:
  1. Wer hat Patryk Palczyńskiego am 2. Juni 2010 gesehen oder gesprochen? Wie war er an diesem Tag drauf?
  2. Wer kannte die genauen Pläne von Patryk Palczyńskiego an diesem Tag?
  3. Wie war Patryk Palczyńskiego in der Zeit vor dem 2. Juni 2010 drauf? Hatte er mit jemandem Streit oder Ärger?
  4. Wer weiß, woher der Schildkröten-Anhänger stammt, der um den Hals hatte, als er gefunden wurde?
  5. Wer weiß, wo Patryk Palczyńskiego sich nach dem 2. Juni 2010 in Gdynia aufgehalten hat und mit wem er zusammen war [Anm. Seine Uhr war in verschiedenen Bereichen von Gdynia noch Tage nachdem seine Mutter ihn am Bahnhof abgesetzt hatte eingeloggt]?
  6. Wer hat Patryk Palczyńskiego in der Nacht zum 3. Juni 2010 im Bereich des Kosciuszko-Platzes in Gdynia gesehen?
  7. Wer hat andere Beobachtungen gemacht, die mit dem Tod von Patryk Palczyńskiego in Zusammenhang stehen könnten?
  8. Hat Patryk in der Zeit vor seinem Tod vor etwas Angst gehabt?
  9. Wer hat sonstige Informationen zu dem Fall?

Hinweise bitte dieses Mal an mich, ich werde sie an die Mutter von Patryk Palczyńskiego und den Anwalt weiterleiten. Die Informationen kann man aber auch direkt an den Anwalt oder an Julitta Palczyńska senden.

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